Der BFH hat entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG auch für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen zu gewähren ist, die dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wegen der zumutbaren Belastung aber nicht als solche berücksichtigt worden sind. In der Haushaltsersparnis, die bei der Ermittlung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen für eine krankheitsbedingte Unterbringung zu berücksichtigen ist, sind keine Aufwendungen enthalten, die eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG rechtfertigen. |
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige wohnte im Streitjahr in einer Seniorenresidenz. Das Apartment hatte eine Größe von 63 qm. In der Einkommensteuererklärung machte sie die Aufwendungen für die Seniorenresidenz unter Abzug der Haushaltsersparnis von 8.472 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung an, sondern zog diese anteilig als haushaltsnahe Dienstleistungen ab.
Entscheidung
Aufwendungen, die aufgrund der zumutbaren Eigenbelastung gem. § 33 Abs. 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können, können gem. § 35a EStG anteilig von der Einkommensteuer abgezogen werden, soweit darin Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen enthalten sind.
Im Streitfall waren der Steuerpflichtigen krankheitsbedingt Aufwendungen für die Unterbringung in einer Seniorenresidenz i. H. v. rund 22.000 EUR entstanden. In diesem Betrag waren haushaltsnahe Dienstleistungen i. S. d. § 35a Abs. 2 EStG i. H. v. rund 6.800 EUR enthalten, die i. H. v. 2.039 EUR (zumutbare Belastung) nicht als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden waren.
Der Ausschlusstatbestand in § 35a Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG greift in diesem Betragsumfang daher nicht.
Die tarifliche Einkommensteuer der Steuerpflichtigen war daher nach § 35a Abs. 2 EStG um 408 EUR zu ermäßigen. Eine über den Betrag von 408 EUR hinausgehende Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG kam im Streitfall jedoch nicht in Betracht. Soweit die von der Seniorenresidenz bescheinigten haushaltsnahen Dienstleistungen die zumutbare Belastung übersteigen (4.760 EUR) und sie sich als außergewöhnliche Belastungen (12.109 EUR) ausgewirkt haben, schied eine (weitere) Berücksichtigung gemäß § 35a Abs. 2 EStG nach § 35a Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG aus.
Praxistipp | Eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG setzt allerdings voraus, dass in dem hier maßgebenden Betrag der Haushaltsersparnis überhaupt Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen enthalten sind. Dies kann in Bezug auf die Haushaltsersparnis nicht typisierend unterstellt werden. Denn die Haushaltsersparnis entspricht der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten. Sie wird realitätsgerecht entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen geschätzt, wobei Maßgröße insoweit die üblichen Kosten eines Einpersonenhaushalts sind. Mit der Haushaltsersparnis werden Fixkosten wie Miete oder Zinsaufwendungen, Grundgebühr für Strom, Wasser etc. sowie Reinigungsaufwand und Verpflegungskosten typisiert.
Fundstelle
BFH 16.12.20, VI R 46/18