Der Begriff des elektronischen Geschäftsverkehrs bzw. Electronic Commerce ( E-Commerce ) ist weit gefasst und umfasst im allgemeinen Sprachgebrauch unabhängig von den steuerlichen Auswirkungen alle geschäftlichen Transaktionen, die über das Internet angebahnt oder abgewickelt werden und die zu einem Austausch von Werten zwischen beteiligten Personen führt.
Die technischen und wirtschaftlichen zumeist auch grenzüberschreitenden geschäftlichen Transaktionen werfen je nach Betrachtungsfall zahlreiche steuerrechtliche Fragen auf.
Im Bereich des Umsatzsteuerrechts besteht ein erheblicher Beratungsbedarf, da die zutreffende Besteuerung von über das Internet erbrachten Lieferungen von Waren und Dienstleistungen häufig Schwierigkeiten bereitet.
Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846 – aktuelle Version (Stand 3. April 2012)
Für die Umsatzsteuerliche Abgrenzung und Beurteilung der auf dem elektronischen Wege vermittelten bzw. erbrachten Lieferungen und Dienstleistungen ist es notwendig diese Begriffe abzugrenzen.
Grundsätzlich wird zwischen den sogenannten Offline-Umsätzen und Online-Umsätzen differenziert. Mit der Thematik Online-Umsätze beschäftigt sich unserer Artikel „E-Commerce: Umsatzbesteuerung bei online erbrachten Dienstleistungen im Internet“:.
Dieser Artikel soll einen Überblick über die umsatzsteuerliche Thematik von so genannten Offline-Umsätzen aufzeigen. Haben Sie zu diesem Thema Fragen, können Sie uns gerne kontaktieren. Bitte beachten Sie auch im diesem Zusammenhang die ab den 01.01.2012 verschärften „Buch- und Belegnachweis“:.
Offline-Umsätze sind Umsätze die grundsätzlich auf dem sogenannten traditionellen Wege erfolgen. Bei diesen Umsätzen handelt es sich um Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen bzw. sonstigen Dienstleistungen, die über das Internet ( _elektronischer Weg_ ) bestellt werden und der Leistungsaustausch während dessen auf dem herkömmlichen Weg stattfindet.
In der Regel handelt es sich um Versandhandelsgeschäfte. So z. B der Handel mit Druckerzeugnissen wie Bücher, Zeitschriften, Kleidungsstücke, Bestellung und Bezahlung von Schallplatten, Musik-CDs, etc.. Diese Gegenstände werden dann z.B. per Post ausgeliefert. Hier dient das Internet nur als Angebotsplattform und Kommunikationsplattform, die Waren werden aber auf dem herkömmlichen Weg ausgeliefert.
Gleiches gilt auch für Dienstleistungen, hier wird die Bestellung oder Buchung (Vertragsabschluss), über das Internet erbracht und diese wird dann wegen Ihrer Eigentümlichkeit auf dem traditionellen Wege ausgeliefert. Zu verstehen sind hier Dienstleistungen wie z. B. Buchung von Flügen und Reisen bzw. Hotelbuchungen, Bestellung und Bezahlung von Tickets für Konzertbesuchen oder Kino und Theaterkarten.
Bei diesen Umsätzen gelten grundsätzlich die herkömmlichen Besteuerungsprinzipien für Lieferungen und sonstige Leistungen bzw. Vermittlungsleistungen.
Trotzdem gibt es Besonderheiten bei der Besteuerung von Waren ( Lieferungen ) und Dienstleistungen die auf elektronischen Angebotsplattformen wie eBay, Amazon, Firmenwebseiten, etc. angeboten werden.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht des Anbieters müssen die angebotenen Waren und Dienstleistungen mit den entsprechenden Preisangeboten und dem Warenweg bzw. Vertriebsweg besonders geprüft werden. Der Grund hierfür ist, dass die Angebote über das Internet global bzw. weltweit gelten.
Dies ist vor allem von Bedeutung für die Frage des Leistungsorts, genauer welchem Land die Umsatzsteuer bzw. das Steueraufkommen – so es denn aufkommt – zusteht und ferner welcher Steuersatz anzuwenden ist.
Lieferung von Waren bzw. Gegenständen bei Ausführung von Offline-Umsätzen: Ort der Lieferung
Warenweg in Deutschland
Wird die Ware bzw. Gegenstand von Deutschland durch einen Lieferanten versandt, ist der Bestimmungsort entscheidend. Liegt der Warenweg und somit der Bestimmungsort in Deutschland, steuerrechtlich sprich man hier im Inland, muss unabhängig von der Ansässigkeit des Kunden bzw. Abnehmer die deutsche Umsatzsteuer berechnet werden. Dabei ist es unabhängig ob dieser Unternehmer oder Nichtunternehmer ( Privatpersonen ) ist.
Warenweg in das Drittland
Liegt der Bestimmungsort im Drittland, kann die Lieferung der Ware bzw. des Gegenstands steuerfrei als Ausfuhrlieferung berechnet werden.
Dies gilt für ausländische Unternehmer wie Nichtunternehmer. Drittland im steuerrechtlichen Sinne sind alle Staaten die nicht zu EU gehören. Damit eine Ausfuhrlieferung steuerfrei behandelt werden darf, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. § 4 Nr. 1 Buchstabe a i. V. m. § 6 UStG).
Exportlieferungen in andere EU-Staaten oder das Drittland bleiben regelmäßig nur dann umsatzsteuerfrei, wenn der Exporteur den „Buch- und Belegnachweis“: führt.
Warenweg in EU-Staaten von Unternehmer an Unternehmer
Wird die Ware aber in das übrige Gemeinschaftsgebiet versandt, ist der steuerliche Status des Abnehmers zu prüfen. Das übrige Gemeinschaftsgeist sind die Gebiete der übrigen Staaten der EU.
Besitz der Abnehmer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, kann der Umsatz steuerfrei als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt werden. Bei der innergemeinschaftlichen Warenbewegung erfolgt die Besteuerung beim Erwerber ( _wenn dieser ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist_ ), also im Bestimmungsland der Ware.
Um eine Doppelbelastung mit Umsatzsteuer zu vermeiden, ist daher die innergemeinschaftliche Lieferung gem. § 4 Nr. 1 b i. V. m. § 6 a UStG im Ursprungsland von der Umsatzsteuer befreit ( _Regelfall_ ).
Unternehmer die Waren bzw. Gegenstände in andere EU-Mitgliedstaaten liefern oder Waren bzw. Gegenstände aus anderen EU-Mitgliedsstaaten beziehen, erhalten für Umsatzsteuerzwecke neben Ihrer Steuernummer grundsätzlich eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist ein Indiz bzw. Nachweis für die Steuerfreiheit einer steuerbaren innergemeinschaftlichen Lieferung. Unternehmer sollten daher beim Bundeszentralamt für Steuern eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen.
Ist der Abnehmer nicht in Besitz einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unterliegt die Lieferung der deutschen Umsatzsteuer. Haben Sie fragen zur Beantragung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, kontaktieren Sie uns einfach.
Warenweg in EU-Staaten an Privatpersonen bzw. Nichtunternehmer
Liebe Leser bitte beachten Sie, dass bei sogenannten bei „elektronischen Dienstleistungen an Privatpersonen in der EU“: (MOSS Verfahren) ab dem 01.01.2015 umsatzsteuerlich eine neue Rechtslage herscht.
Lieferungen an Privatpersonen und den so genannten Halbunternehmer werden mit dem Ausweis der deutschen Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.
Halbunternehmer sind Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen (Arzt), Kleinunternehmer oder Landwirte, die die Durchschnittsatzbesteuerung anwenden.
Bei Überschreiten der so genannten Lieferschwelle ist das Umsatzsteuerrecht des Kunden bzw. Abnehmer maßgebend, mit der Folge dass der Lieferant sich umsatzsteuerlich im Bestimmungsland registrieren lassen muss.
Konkret heißt das, überschreiten Lieferungen an Privatpersonen einen bestimmten Grenzwert, darf nicht mehr die deutsche Umsatzsteuer des Lieferanten berechnet werden, sondern das Besteuerungsrecht steht dem Heimatland bzw. dem Bestimmungsland des Kunden zu, in das die Ware versandt wird.
Es muss die nationale Umsatzsteuer durch eine entsprechende Steuermeldungen bzw. -erklärungen an das zuständige Finanzamt im Bestimmungsland abgeführt werden.
Erbrachte Dienstleistungen bei Offline-Umsätzen: Ort der Dienstleistung
Unter Offline erbrachten Dienstleistungen sind, wie oben schon erwähnt, Dienstleistungen zu verstehen, die wegen Ihrer Eigentümlichkeit auf dem herkömmlichen Weg erbracht werden. Wenn die Bestellung lediglich auf elektronischen Weg, also über das Internet erfolgt.
Deren Auslieferung aber wegen Ihrer Beschaffenheit durch Beförderung bzw. Übersendung und Verschaffung der Verfügungsmacht auf herkömmlichen Wege abgewickelt wird.
Dies sind Dienstleistungen, bei denen das Internet als Angebots- und Kommunikationsmittel dient, aber die Erbringung der Dienstleistung im Wesentlichen an der Tätigkeit von Menschen gebunden ist.
Diese Dienstleistungen sind von den so genannten bei Online-Umsätzen erbrachten Dienstleistungen abzugrenzen. Eine nähere Betrachtung von Online erbrachten Dienstleistungen finden Sie in unseren Artikel „E-Commerce: Umsatzbesteuerung bei online erbrachten Dienstleistungen im Internet“:.
Bei den Offline erbrachten Dienstleistungen gelten die herkömmlichen Besteuerungsprinzipien. So ist zum Beispiel eine über das Internet
bestellte Reise mit entsprechender Bestätigung und Bezahlung, am Sitzort des Reiseveranstalters zu versteuern, wenn die Voraussetzung und deren Anwendung der Differenzbesteuerung zutreffend sind.
Bei kulturellen Veranstaltungen unterliegt der Veranstaltungsort der Umsatzbesteuerung, wenn Tickets bzw. Eintrittskarten über das Internet gebucht wurden.
Bei Flugtickets oder Bahntickets wird wiederum nur der inländische Streckenanteil besteuert.
Grundsätzlich folgt die Umsatzbesteuerung den Ortsbestimmungen für sonstige Leistungen gem. den §§ 3 a und „3 b UStG. Allerdings gibt es zu diesen gesetzlichen Grundregeln viele Ausnahmen. Insofern ist es dringend erforderlich zu prüfen, ob nicht eine der gesetzlichen Ausnahmen bzw. Sonderregelungen zur Anwendung kommt.
So ist zum Beispiel bei Beratungsleistungen an Unternehmer der Ansässigkeitsort des Mandanten zur Besteuerung auschlaggebend. Das gleiche gilt wenn das Ergebnis der Beratungsleistung per Mail in ein Drittland versendet wird. Wird die Beratungsleistung wiederum an eine Privatperson in der EU erbracht, unterliegt die Umsatzbesteuerung am Sitzort des Beraters.
_Sie sehen dieser Artikel hat nur die Oberfläche der hier auftretenden Fragen angekratzt, so dass hier, je nach Fall, steuerlicher Rat herangezogen werden sollte._