Pflegegeld, das aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht wird, kann beim Betreuer gem. § 3 Nr. 11 EStG zu steuerfreien Bezügen führen, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird. |
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige, ein ausgebildeter Erzieher, hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt aufgenommen und dort intensiv sozialpädagogisch betreut. Er nahm immer nur ein Kind bzw. einen Jugendlichen bei sich auf. Für diese „Vollzeitbetreuung“ erhielt er auf der Grundlage jederzeit kündbarer vertraglicher Vereinbarungen aus öffentlichen Mitteln monatlich zwischen 3.000 und 3.600 EUR.
Das FA sah hierin die Erbringung steuerpflichtiger Pflegeleistungen und versagte die begehrte Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 11 EStG ebenso wie nachfolgend das FG im Klageverfahren.
Entscheidung
Der BFH beurteilt jedoch Pflegegeld aus öffentlichen Mitteln, das im Rahmen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gezahlt wird, grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe i. S. d. § 3 Nr. 11 EStG, da mit der Zahlung des Pflegegeldes weder der sachliche und zeitliche Aufwand der Pflegeeltern vollständig ersetzt noch die Pflegeleistung vergütet wird.
Das vom Steuerpflichtigen im Streitfall vereinnahmte Pflegegeld hält er damit als vergleichbar. Maßgeblich für die steuerliche Einordnung sind Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses. Dieses war im Streitfall – wie bei einer Vollzeitpflege i. S. d. § 33 SGB VIII – dadurch geprägt, dass der Steuerpflichtige die verhaltensauffälligen Jugendlichen und Kinder in seinen Haushalt aufgenommen und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt hatte. Dass er die Kinder und Jugendlichen entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozialpädagogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und Jugendlichen liegendes Pflegegeld bezogen hatte, stand der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen.
Fundstelle
BFH 14.7.20, VIII R 27/18