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Eine einmalige Kapitalleistung aus einer vor dem 1.1.2005 für das behinderte Kind abgeschlossenen Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht zählt zum Vermögen des Kindes und wird deshalb bei der Prüfung, ob das volljährige behinderte Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, nicht berücksichtigt, so das aktuelle Urteil des FG München. |

Sachverhalt

Streitig war, ob die Auszahlung einer Lebensversicherung bei den kindeseigenen Mitteln im Rahmen von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist.

Entscheidung

Ein behindertes Kind ist dann außerstande, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG), wenn es seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Dies ist der Fall, wenn die Behinderung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht und das Kind über keine anderen Einkünfte und Bezüge verfügt.

Ein behindertes Kind ist dann imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensbedarfs ausreicht.

Die Fähigkeit des Kindes zum Selbstunterhalt ist anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen, nämlich des gesamten Lebensbedarfs des Kindes einerseits und seiner finanziellen Mittel andererseits, zu prüfen. Erst wenn sich daraus eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Kindes ergibt, kann davon ausgegangen werden, dass den Eltern kein zusätzlicher Aufwand erwächst, der ihre steuerrechtliche Leistungsfähigkeit mindert.

Beachten Sie | Bei Prüfung der Frage, ob ein Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG), ist dessen Vermögen nicht zu berücksichtigen.

Zum eigenen Vermögen zählen auch laufende oder einmalige Geldzuwendungen von dritter Seite, die der Kapitalanlage dienen. Vermögensübertragungen von Eltern auf ihre Kinder sind bei Ermittlung der Bezüge des Kindes i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG allgemein außer Betracht zu lassen. Anzusetzen sind allein Zuflüsse „von außen“, sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung geeignet oder bestimmt sind. Außerdem sind nur solche Einkünfte und Bezüge des Kindes zu berücksichtigen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sind.

Im Streitfall hatte die Anspruchsberechtigte für das Kind zum 1.6.1983 eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht abgeschlossen. Danach erhielt das Kind als Versicherungsnehmer und versicherte Person zum 1.6.2019 (bei Wahl der einmaligen Kapitalleistung) eine garantierte Kapitalleistung zuzüglich einer Überschussbeteiligung. Die Versicherung befand sich seit 1983 im Vermögen des Kindes (versicherte Person und Versicherungsnehmer) und ist kontinuierlich angewachsen. Die Auszahlung stellt lediglich eine Vermögensumschichtung dar. Die Zahlung der Versicherungsbeiträge erfolgte durch die Anspruchsberechtigte, sodass auch diesbezüglich lediglich eine Vermögensübertragung durch die Mutter auf das Kind vorlag.

Im Streitfall stellte die Auszahlung der Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht zum 1.6.2019 auch weder eine Nachzahlung für einen vergangenen Zeitraum dar noch handelte es sich um eine monatlich wiederkehrende Leistung. Eine Verteilung auf die restlichen Monate des Zuflussjahres war deshalb nicht vorzunehmen.

Fundstelle
FG München 21.7.20, 12 K 2928/19, Rev. zugelassen