Der Begriff Abfärbetheorie bezeichnet im Einkommensteuerrecht die Umqualifizierung einer Einkunftsart in eine andere. Grundsätzlich wird eine von einer Personengesellschaft ausgeübte Tätigkeit insgesamt als gewerblich angesehen, wenn auch nur ein Teil der Tätigkeit gewerblich ausgeführt wird. Es genügen geringfügige gewerbliche Einkünfte um auch alle übrigen Einkünfte zu gewerblichen umzuqualifizieren, also auf diese abzufärben.
FG Schleswig-Holstein 25.8.11, 5 K 38/08, Revision unter IV R 54/11, Niedersächsisches FG 14.9.11, 3 K 447/10, Revision unter VIII R 41/11,
FG Köln 1.3.11, 8 K 4450/08, EFG 11, 1167, Revision unter VIII R 16/11
FG Münster 19.6.08, 8 K 4272/06 G, EFG 08, 1975
BFH 8.3.04, IV B 212/03; 10.8.94, I R 133/93; 11.8.99, XI R 12/98; 8.3.04, IV B 2 2/03
Gibt es etwa durch eine Betriebsaufspaltung oder eine freiberufliche Tätigkeit nur geringfügige originär-gewerbliche Einkünfte im Verhältnis zum Gesamtumsatz, führt das bei einer vermögensverwaltenden oder selbstständig tätigen Personengesellschaft jedoch grundsätzlich noch nicht zum Wegfall der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Davon kann aufgrund der Verhältnismäßigkeit lediglich bei einem äußerst geringen Anteil ausgegangen werden. Anderenfalls gilt der Grundsatz einer Infizierung der übrigen vermögensverwaltenden durch die gewerbliche Tätigkeit.
Nach einem Urteil des FG Schleswig-Holstein liegt bei einem originär gewerblichen Umsatz von mehr als 5 % kein äußerst geringer Anteil mehr vor.
Nach Vorgabe des BFH reicht grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit aus, der lediglich geringfügige Bedeutung zukommt. Nur bei einem äußerst geringen Anteil der eigentlich gewerblichen an der gesamten Tätigkeit greift die umqualifizierende Wirkung nicht ein.
Hierzu gibt es in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansätze. Der BFH sieht bis zu 1,25 % an den Gesamtumsätzen als geringfügig an, teilweise wird ein reiner Bagatellfall noch bei schädlichen Einnahmen von 2 % bis 3 % angenommen. Das Überschreiten der Grenze von 5 % führt aber zur Abfärbewirkung, weil kein äußerst geringer Anteil im Sinne der Rechtsprechung mehr vorliegt. Dabei stellt der gewerbesteuerliche Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR keine absolute Geringfügigkeitsgrenze dar.
Das FG Schleswig-Holstein hat Revision zugelassen, die mittlerweile eingelegt worden ist, da bislang noch keine Entscheidung des BFH zur Frage vorliegt, bis zu welcher Grenze ein äußerst geringfügiger Anteil der gewerblichen Tätigkeit anzunehmen ist. Da zu dieser Fragestellung bereits zwei weitere Revisionen anhängig sind, können Einsprüche ruhen.
Im Gegensatz zum FG Schleswig-Holstein hält das Niedersächsische FG die Höhe des Gewerbesteuer-Freibetrags für die Frage, ab wann eine originär gewerbliche Tätigkeit zu Anwendung der Abfärberegelung führt, für eine geeignete Größe.
Ein Gewerbeertrag in Höhe des Betrags von 24.500 EUR wird gewerbesteuerlich bei Kleingewerbetreibenden nicht belastet. Sinn und Zweck der Abfärberegelung soll sein, die Schwierigkeiten zu vermeiden, mit denen die Ermittlung von unterschiedlichen Einkunftsarten ein und desselben Personenunternehmens verbunden wäre. Ist daher die Trennung der selbstständigen oder vermögensverwaltenden von den gewerblichen Einkünften völlig unproblematisch möglich, besteht keine Rechtfertigung die in einem Unternehmen anfallenden Einkünfte steuerlich anders zu behandeln als diejenigen, die in zwei organisatorisch getrennten Betrieben erzielt werden. Es erscheint daher geboten, den Gewerbesteuer-Freibetrag als Orientierung für die Bemessung der Geringfügigkeit der gewerblichen Einkünfte heranzuziehen.
Ob neben dem Freibetrag weiterhin eine zusätzliche prozentuale Grenze zur Anwendung kommt, konnte im Urteilsfall des Niedersächsischen FG dahinstehen, da die erzielten gewerblichen Einkünfte den gewerbesteuerlichen Freibetrag nicht überstiegen hatten.
Das FG Köln hält einen Umsatzanteil in Höhe von 2,25 % für geringfügig.