Mit einem 57 Seiten umfassenden Eckpunktepapier, das der Koalitionsausschuss am 3.6.2020 vorstellte, will die Bundesregierung die Konjunktur wieder ankurbeln, Arbeitsplätze erhalten und die Wirtschaftskraft Deutschlands stärken. Der Bundesrat hat am 29.6.2020 dem „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz“ zugestimmt, sodass die geplanten steuerlichen Regelungen zum 1.7.2020 in Kraft getreten sind. Die für Steuerpflichtige wichtigsten Punkte sollen nachfolgend auszugsweise aufgezeigt werden.
Die Umsatzsteuersätze wurden zur Stärkung der Binnennachfrage befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt. Der reduzierte Steuersatz von 16 % bzw. 5 % ist für Umsätze anzuwenden, die ab In-Kraft-Treten der Änderungsvorschrift – also nach dem 30.6.2020 – ausgeführt werden. Ab dem 1.1.2021 sind dann wieder die Steuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden (wenn der Gesetzgeber keine andere Regelung trifft). Der Zeitpunkt der Ausführung hängt von der Art des Umsatzes ab:
- Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe gelten im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht an den Erwerber als ausgeführt.
- Bei Werklieferungen bestimmt der Zeitpunkt der Abnahme durch den Erwerber den Ausführungszeitpunkt.
- Für Dienstleistungen (z. B. Beförderungen, Beratungen, Reparaturen) bestimmt das Leistungsende über den Leistungszeitpunkt.
- Die unentgeltliche Verwendung für unternehmensfremde Zwecke wird zu dem Zeitpunkt ausgeführt, zu dem die fiktive Leistung erfolgt.
Wann die vertraglichen Vereinbarungen abgeschlossen oder die Rechnungen gestellt werden bzw. die Vereinnahmung des Entgelts erfolgt, ist für die Frage, welcher Steuersatz – 19 % oder 16 % bzw. 7 % oder 5 % – anzuwenden ist, ohne Bedeutung.
Bitte beachten Sie! Besondere Regelungen gelten bei Anzahlungen, Ist-Versteuerung, Abrechnung von Teilleistungen, Dauerleistungen und bei Änderungen der Bemessungsgrundlagen nach dem 30.6.2020 und dem 1.1.2021. Besondere Regelungen gelten auch für die Gastronomie. Für sie wurde der Umsatzsteuersatz für Speisen ab dem 1.7.2020 von 19 % auf 7 % abgesenkt. Die Reduzierung legte der Gesetzgeber für ein Jahr – also bis zum 30.6.2021 – fest. Nachdem die allgemeine Absenkung des Umsatzsteuersatzes von 7 % auf 5 % erfolgt, wird der Prozentsatz von 5 % auch für Gastronomen bis 31.12.2020 gelten. Ab dem 1.1.2021 bis zum 30.6.2021 kommt dann für Speisen der reduzierte Steuersatz von 7 % zum Tragen. Ab dem 1.7.2021 steigt der Umsatzsteuersatz wieder auf den Regelsatz von 19 %, wenn der Gesetzgeber keine andere Regelung trifft.
Unternehmen mit Bargeldgeschäften, die elektronische Registrierkassen im Einsatz haben, müssen diese entsprechend angepasst/umgerüstet haben, wenn die Umsatzsteuersätze ab dem 1.7.2020 und dann ab dem 1.1.2021 zeitgerecht und richtig berechnet werden sollen.
Eine branchenübergreifende Überbrückungshilfe soll die durch die Corona-Pandemie bedingten Umsatzausfälle lindern und wird für die Monate Juni bis August 2020 aufgelegt. Bei der Überbrückungshilfe soll den Gegebenheiten der besonders betroffenen Branchen Rechnung getragen werden.
Antragsberechtigt sind Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen sind. Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden sind, sind die Monate November und Dezember 2019 heranzuziehen.
Die Überbrückungshilfe erstattet einen Anteil in Höhe von
- 80 % der Fixkosten bei mehr als 70 % Umsatzeinbruch,
- 50 % der Fixkosten bei Umsatzeinbruch zwischen 50 % und 70 %
- 40 % der Fixkosten bei Umsatzeinbruch zwischen 40 % und unter 50 % im Fördermonat im Vergleich zum Vorjahresmonat.
Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 150.000 € für drei Monate. Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 € und bei Unternehmen bis zu 10 Beschäftigten 15.000 € nur in Ausnahmefällen übersteigen.
Die geltend gemachten Umsatzrückgänge und fixen Betriebskosten sind durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer zu prüfen und zu bestätigen. Überzahlungen müssen zurückerstattet werden.
Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020. Inwieweit es bei diesen Fristen bleibt, muss aus organisatorischen Gründen infrage gestellt werden.
Des Weiteren stehen folgende Verbesserungen auf der Agenda:
- Die Regelungenn sehen einen einmaligen Kinderbonus von 300 € pro Kind für jedes kindergeldberechtigte Kind vor, der mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird.
- Der Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende von derzeit 1.908 € wird für die Jahre 2020 und 2021 auf 4.008 € angehoben.
- Der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wird über die bisherige Geltungsdauer hinaus bis zum 30.9.2020 verlängert.
- Die Sozialversicherungsbeiträge werden bei maximal 40 % stabilisiert.
- Der steuerliche Verlustrücktrag wird für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal 5 Mio. € bzw. 10 Mio. € (bei Zusammenveranlagung) erweitert.
- Eine degressive Abschreibung (AfA) mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden linearen AfA und maximal 25 % pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde für die Steuerjahre 2020 und 2021 eingeführt.
- Klein- und Mittelbetriebe (KMU), die ihr Ausbildungsplatzangebot 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern, können für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag eine einmalige Prämie in Höhe von 2.000 € erhalten. Erhöhen sie ihr Angebot, erhalten sie für die zusätzlichen Ausbildungsverträge 3.000 €.
- Die Förderung des Bundes über die sog. Umweltprämie wird verdoppelt. Bis zu einem Nettolistenpreis des E-Fahrzeugs von bis zu 40.000 € steigt z. B. die Förderung des Bundes von 3.000 auf 6.000 €. Diese Maßnahme ist befristet bis zum 31.12.2021. Die Hersteller-Prämie bleibt davon unberührt.
- Kaufpreisgrenze: Mit dem sog. Jahressteuergesetz 2020 wurde eine neue Regelung eingeführt. Danach kommt für Fahrzeuge, die nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031 angeschafft werden, anstelle der 1-%- oder 0,5-%-Regelung eine 0,25-%-Regelung zum Tragen, wenn das Fahrzeug gar keine Kohlendioxidemission verursacht und der Bruttolistenpreis nicht mehr als 40.000 € beträgt. Diese Kaufpreisgrenze von 40.000 € wird auf 60.000 € erhöht.