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Bundesfinanzminister Olaf Scholz bleibt seiner Linie treu und versucht von der Corona-Krise betroffene Steuerzahler steuerlich zu entlasten und finanzielle Liquiditätsvorteile durch Steuererstattungen zu schaffen. Eine neue Idee, die umgehend in einem BMF-Schreiben umgesetzt wurde, ist die Möglichkeit, einen pauschalierten Verlustrücktrag zu beantragen, um einen Teil der 2019 geleisteten Vorauszahlungen erstattet zu bekommen. Hier die Details zu dieser Neuregelung im Überblick. |

Grundsätze zum pauschalen Verlustrücktrag

Hat ein Mandant für 2019 noch keine Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht, jedoch für 2019 Vorauszahlungen geleistet, weil er Gewinn­einkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat, kann er bereits heute einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen 2019 stellen.

Die komplette oder teilweise Erstattung der Vorauszahlungen 2019 wird durch einen (pauschalierten) Verlustrücktrag erreicht. Die Grundzüge zu dieser Neuregelung finden sich in einem aktuellen Schreiben des BMF (24.4.20, IV C 8 – S 2225/20/10003:010).

Praxistipp | Gleich eine wichtige Information vorab. Die Grundsätze zur Herabsetzung der 2019 geleisteten Vorauszahlungen mittels Verlustrücktrag gelten sowohl für die Einkommensteuervorauszahlungen 2019 als auch für die Körperschaftsteuervorauszahlungen 2019 sowie für die geleisteten Vorauszahlungen 2019 zum Solidaritätszuschlag.

Eine Erstattung von Gewerbesteuervorauszahlungen 2019 scheidet aus, weil das Gesetz bei der Gewerbesteuer keinen Verlustrücktrag vorsieht.

Voraussetzungen für den pauschalierten Verlustrücktrag

Damit Ihr Mandant per Verlustrücktrag einen Teil seiner Vorauszahlungen 2019 erstattet bekommt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ihr Mandant muss einen Antrag auf pauschalierten Verlustrücktrag stellen. Das kann schriftlich formlos oder mittels Formulare in ELSTER ­erfolgen.
  • Der Antrag kann nur von Mandanten gestellt werden, die im Jahr 2020 mindestens Gewinneinkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
  • Der Antragsteller muss von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sein. Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn die Vorauszahlungen 2020 bereits auf 0 EUR herabgesetzt wurden und wenn Ihr Mandant versichert, dass für den Veranlagungszeitraum 2020 aufgrund der Corona-Krise eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte erwartet wird.

Praxistipp | Sie müssen für Ihren Mandanten also keine ausführliche und ausgeklügelte Prognose für seine negativen Gewinneinkünfte 2020 oder seine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2020 ausarbeiten und vorlegen. Es genügt für den pauschalierten Verlustrücktrag, wenn Sie aufgrund der Umsatzeinbußen 2020 negative Einkünfte erwarten.

So wird der pauschalierte Verlustrücktrag ermittelt

Der pauschalierte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 % des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die bei Ermittlung der Vorauszahlungen 2019 herangezogen wurden. Der Verlustrücktrag aus 2020 zur Herabsetzung der Vorauszahlungen 2019 ist auf einen Betrag von 1 Mio. EUR bzw. bei Zusammenveranlagung auf einen Betrag von 2 Mio. EUR begrenzt (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG).

Beispiel 1

Die XY-GmbH erwartet wegen der Corona-Pandemie für 2020 wegen hoher Umsatzeinbußen einen Verlust. Im Jahr 2019 hat die XY-GmbH für ein voraussichtliches zu versteuerndes Einkommen 2019 von 200.000 EUR Körperschaftsteuervorauszahlungen von 30.000 EUR sowie 1.650 EUR Solidaritätszuschlag leisten müssen.

Folge: Aufgrund der Neuregelung kann für die XY-GmbH ein pauschalierter Verlustrücktrag von 30.000 EUR beantragt werden (200.000 EUR × 15%). Die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Vorauszahlungen 2019 beträgt damit nur noch 170.000 EUR und die neuen Körperschaftsteuervorauszahlungen 2019 somit 25.500 EUR sowie Solidaritätszuschlag von 1.402,50 EUR. Es winkt durch den pauschalierten Verlustrücktrag und die sich daraus ergebende Erstattung der Vorauszahlungen 2019 immerhin eine Liquiditätsspritze von 4.747,50 EUR (bisher 31.650 EUR abzgl. neu 26.402,50 EUR).

Beispiel 2

Ein Rentner erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Weil sein Mieter wegen Corona im Jahr 2020 wohl keine Miete mehr zahlen kann, erwartet er für 2020 einen Vermietungsverlust. Wegen voraussichtlicher Mieteinkünfte von 12.000 EUR musste er 2019 Einkommensteuervorauszahlungen leisten.

Folge: Kann der Rentner nachweisen, dass sein Mieter wegen der Corona-Krise wohl erst 2021 die rückständige Miete für 2020 nachzahlen kann, darf er einen Verlustrücktrag von 2020 auf 2019 i. H. v. 1.800 EUR beantragen (12.000 EUR × 15 %).

Praxistipp | Ein Beispiel zum pauschalierten Verlustrücktrag bei negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb finden Sie im BMF-Schreiben vom 24.4.2020 auf S. 4.

Alternative zum pauschalierten Verlustrücktrag

Schaut man sich die neuen Regelungen zum pauschalierten Verlustrücktrag im BMF-Schreiben vom 24.4.2020 genauer an, findet man auf S. 2 im obersten Absatz einen wichtigen Satz. Dieser lautet: „Die Möglichkeit, im Einzelfall unter Einreichung detaillierter Unterlagen einen höheren rücktragsfähigen Verlust darzulegen, bleibt hiervon unberührt.“

Das bedeutet im Klartext: Kann Ihr Mandant schon heute nachweisen, dass der durch die Corona-Krise zu erwartende Gewinn höher ist als die pauschalierten 15 %, kann er für diesen nachgewiesenen höheren Verlust einen Verlustrücktrag beantragen. Hier sind jedoch ausführliche Berechnungen und plausible Nachweise vorzulegen.

Besonderheiten bei der Steuerfestsetzung 2019

Hat Ihr Mandant einen pauschalierten Verlustrücktrag oder einen nachgewiesenen höheren Verlustrücktrag von 2020 auf die Vorauszahlungen 2019 beantragt, kommt es nach Abgabe der Steuererklärungen 2019 im Steuerbescheid 2019 unweigerlich zu Steuernachzahlungen. Das liegt daran, dass die Vorauszahlungen 2019 gemindert wurden, im Gegenzug der Verlustrücktrag aus 2020 jedoch wegen der fehlenden Erklärungen 2020 noch nicht enthalten sein kann.

In diesem Fall müssen Sie für Ihren Mandanten einen Antrag auf zinslose Stundung bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids 2020 stellen. Den Stundungsantrag sollten Sie jedoch nur stellen, wenn für Ihren Mandanten nach wie vor von negativen Einkünften 2020 ausgegangen werden kann.

Beispiel 3

Die XY-GmbH aus Beispiel 1 gibt für 2019 Ende Februar 2021 eine Körperschaft­steuererklärung ab und erklärt ein zu versteuerndes Einkommen von 200.000 EUR. Der Körperschaftsteuerbescheid weist folgende Steuernachzahlungen aus:

Körperschaftsteuer 2019 (zu versteuerndes Einkommen 2019: 200.000 EUR × 15 %)
30.000,00 EUR
+
Solidaritätszuschlag 2019 (5,5 % von 30.000 EUR)
1.650,00 EUR

Geleistete Vorauszahlungen für 2019
26.402,50 EUR
=
Noch zu zahlen 2019
4.747,50 EUR

In Höhe der Steuernachzahlung kann eine zinslose Stundung beantragt werden. Diese Steuernachzahlung fällt weg, wenn sich im Körperschaftsteuerbescheid 2020 tatsächlich ein Verlust ergibt und ein Verlustrücktrag vorgenommen wird.

Praxistipp | Beantragen Sie für einen Mandanten in einem vergleichbaren Fall eine zinslose Steuerstundung, müssen Sie darauf achten, dass es für den Veranlagungszeitraum auf keinen Fall zu einem Schätzbescheid nach § 162 AO kommt. Denn in diesem Fall ist im BMF-Schreiben vom 24.4.2020 vorgesehen, dass für den gesamten Stundungszeitraum nachträglich Stundungszinsen festzusetzen sind.

Steuerliche Konsequenzen bei keinem oder niedrigerem Verlustrücktrag

Entwickeln sich die Umsätze nach der Corona-Krise besser als erwartet und es fällt für 2020 entweder kein Verlust an oder der Verlust 2020 ist geringer als der pauschalierte Verlustrücktrag, gilt Folgendes:

  •  Ergibt sich bei der Veranlagung 2020 kein Verlustrücktrag nach 2019, ist die zinslos gestundete Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids 2020 zu leisten. Dasselbe gilt, wenn auf den Verlustrücktrag von 2020 auf 2019 nach § 10d Abs. 1 S. 5 EStG verzichtet wird.

Ergibt sich aus der Veranlagung 2020 zwar ein Verlustrücktrag nach 2019, ist dieser jedoch niedriger als der pauschalierte Verlustrücktrag, ist die Steuernachzahlung 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des geänderten Steuerbescheids 2019 zu ­entrichten.