Aufgrund der Corona-Krise ergeben sich in vielen Bereichen des Steuerrechts Fragen und Unsicherheiten. Nachfolgend erhalten Sie Antworten auf häufig gestellte Praxisfragen von Mandanten.
Frage: Mein Arbeitgeber hat mich angewiesen, die nächste Zeit zu Hause zu arbeiten. Kann ich in diesem Fall die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend machen? Wenn ja, in welcher Höhe?
Antwort: Ob das Finanzamt einen Werbungskostenabzug zulässt, hängt entscheidend davon ab, ob in der Einrichtung des Arbeitgebers noch ein nutzbarer Arbeitsplatz für Sie bereitgehalten wird. Ist das der Fall, scheidet der Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer aus. Wird kein Raum vorgehalten oder ist dieser wegen eines mit Corona Infizierten gesperrt, kommt ein Werbungskostenabzug in Betracht.
Arbeiten Sie normalerweise in Räumlichkeiten Ihres Arbeitgebers oder bei Kunden und ist während der Corona-Krise kein anderer Arbeitsplatz vorhanden und zugänglich, dürften grundsätzlich bis zu 1.250 EUR als Werbungskosten abgezogen werden. Die Betonung liegt hier auf dem Wörtchen „grundsätzlich“. Denn dauern die Arbeiten im Homeoffice nur einige Wochen oder Tage, könnte das Bundesfinanzministerium auf die Idee kommen, den Jahreshöchstbetrag für diesen speziellen Ausnahmezustand zu deckeln.
Beispiele
1. Ein Arbeitgeber weist alle Mitarbeiter wegen eines mit Corona infizierten Arbeitnehmers an, in den nächsten vier Wochen zu Hause zu arbeiten. Das Büro ist in dieser Zeit versiegelt, bis die Säuberung vorgenommen werden kann.
Folge: Der Arbeitnehmer kann Werbungskosten für das häusliche Arbeitszimmer geltend machen, weil kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
2. Der Arbeitgeber aus Beispiel 1 bittet seine Mitarbeiter, in den nächsten Wochen zu Hause zu arbeiten, um sich auf dem Arbeitsweg oder im Büro nicht mit dem Corona-Virus anzustecken. Ein Teil der Belegschaft stimmt zu, andere wiederum kommen ins Büro, weil sie zu Hause keinen Platz zum Arbeiten haben. Die Einrichtung des Arbeitgebers steht den Mitarbeitern jederzeit offen.
Folge: Hier scheidet ein Abzug von Werbungskosten für das häusliche Arbeitszimmer aus, weil ein anderer Arbeitsplatz vorhanden und zugänglich ist.
Praxistipp | Für Arbeitnehmer empfiehlt es sich, beim Arbeitgeber zeitnah eine Bescheinigung ausstellen zu lassen, wenn der bisherige Arbeitsplatz für die Dauer der Corona-Krise nicht mehr zugänglich ist. Denn sollte das Arbeitsverhältnis wegen einer finanziellen Notlage des Arbeitgebers beendet werden, kann es schwierig werden, eine Bescheinigung zur Vorlage für das Finanzamt zu bekommen. Alternative: Den Schriftverkehr aufheben, in dem der Arbeitgeber das Homeoffice anordnet.
Frage: Ich muss in Kurzarbeit. Irgendwo habe ich gelesen, dass ich mit Steuernachzahlungen wegen des Kurzarbeitergeldes rechnen muss. Stimmt das? Das Kurzarbeitergeld ist doch eine steuerfreie Leistung?
Antwort: Es trifft zu, was Sie gehört haben. Das Kurzarbeitergeld, das Ihnen von der Bundesagentur für Arbeit überwiesen wird, ist zwar steuerfrei. Doch solche Lohnersatzleistungen unterliegen steuerlich nach § 32b EStG dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das bedeutet im Klartext: Das Kurzarbeitergeld erhöht den Einkommensteuersatz auf das übrige zu versteuernde Einkommen.
Praxistipp | Durch den höheren Einkommensteuersatz drohen im Steuerbescheid in der Regel Steuernachzahlungen. Es empfiehlt sich deshalb, finanzielle Rücklagen für diese vorprogrammierte Steuernachforderung zu bilden.
Frage: Ich habe noch nie eine Steuererklärung beim Finanzamt abgegeben. Ich habe auch nicht vor, eine Erklärung abzugeben. Spielt der Progressionsvorbehalt für das Kurzarbeitergeld dann bei mir gar keine Rolle?
Antwort: Leider schon. Denn die Bundesagentur für Arbeit informiert das für Sie zuständige Finanzamt über das gezahlte Kurzarbeitergeld. Liegt das Kurzarbeitergeld über 410 EUR, werden Sie im Rahmen einer Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG vom Finanzamt zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung aufgefordert.
Frage: Gibt es weitere steuerliche Vergünstigungen, die ich wegen der Corona-Krise beim Finanzamt geltend machen kann?
Antwort: Ja, denkbar sind insbesondere folgende steuerliche Erleichterungen:
- Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen für von der Krankenkasse nicht übernommene Kosten für Behandlungen, Medikamente oder Kuren, wenn die Kosten mit einer Erkrankung am Corona-Virus zusammenhängen, ist möglich.
- Helfen Sie Nachbarn beim Einkauf oder chauffieren Sie diese mit dem Auto zum Arzt und bekommen dafür eine freiwillige Aufwandsentschädigung, ist diese Zahlung für Sie steuerfrei (siehe u. a. FG Niedersachsen 26.6.19, 9 K 101/18).
- Ihr Arbeitgeber kann Ihnen für die Betreuung Ihrer Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wegen des Schulausfalls bis zu 600 EUR steuerfrei für die Betreuung bezahlen (§ 3 Nr. 34a Buchstabe b EStG).
Frage: Ich war steuerlich bisher nicht beraten und habe meine Steuererklärung 2018 nicht pünktlich beim Finanzamt eingereicht. Das Finanzamt hat mich nach mehrmaligen Mahnungen geschätzt und hat einen hohen Verspätungszuschlag festgesetzt. Jetzt habe ich gelesen, dass es für steuerlich beratene Steuerzahler wegen Corona eine Fristverlängerung zur Abgabe der Erklärungen 2018 bis Ende Mai 2020 geben soll. Kann ich gegen den festgesetzten Verspätungszuschlag vorgehen?
Antwort: Eine berechtigte Frage. Im Rahmen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung müsste das Finanzamt eigentlich den gegen Sie festgesetzten Verspätungszuschlag im Rahmen eines Billigkeitserlasses aufheben. Doch Stand heute werden die Sachbearbeiter in den Finanzämtern den Erlassantrag ablehnen, weil die Steuererleichterungen (hier die neue Fristverlängerung) nur für Steuerzahler und Steuerberater gelten sollen, die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich vom Corona-Virus betroffen sind. Und das war im Zeitpunkt der Schätzung bei Ihnen nicht der Fall.
Praxistipp | Es bleibt abzuwarten, wie sich das Bundesfinanzministerium hierzu äußern wird. Um alle Chancen zu wahren, sollte gegen die Ablehnung, den Verspätungszuschlag im Rahmen einer Billigkeitsregelung zu erlassen, Einspruch eingelegt werden. Mit Hinweis auf ein abschließendes Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu dieser Thematik sollte zudem ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens gestellt werden.
Frage: Mein Sohn (30 Jahre alt) ist Dauerstudent. Seinen Nebenjob hat er während der Corona-Krise verloren. Ich muss ihm deshalb pro Monat Unterhaltszahlungen von 800 Euro überweisen. Kann ich das steuerlich geltend machen?
Antwort: Hat Ihr Sohn keine Ersparnisse von mehr als 15.500 EUR, können Sie die geleisteten Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Abziehbar sind 2020 maximal 9.408 EUR. Eigene Einkünfte und Bezüge des Sohnes im Jahr 2020, die über dem Betrag von 624 EUR liegen, mindern den abziehbaren Höchstbetrag.