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Im deutschen Einzelhandel gilt seit dem 1.1.2020 eine Belegausgabepflicht, die sogenannte Kassenbon-Pflicht. Diese verlangt, dass jeder Einzelhändler mit einer elektronischen Kasse – vom Kiosk um die Ecke bis zur großen Supermarktkette – einen Kassenbon ausstellt. |

Gesetzgeber will Steuerausfälle in Milliardenhöhe verhindern

Die Umsatzsteuer macht circa 30 % des Gesamtsteueraufkommens in Deutschland aus. Das entspricht rund 235 Mrd. EUR für das Jahr 2018, so das BMF. Umsatzsteuerhinterziehung ist in Deutschland und europaweit ein ernst zu nehmendes Problem. Jedes Jahr schmälert sie das Steueraufkommen um einen Betrag in Milliardenhöhe.

Bon-Pflicht gilt nur für elektronische Aufzeichnungssysteme

Die inhaltliche Ausgestaltung der Kassenbon-Pflicht beziehungsweise die steuerlichen Mitwirkungspflichten der Kassenbetreiber werden durch die sogenannte Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) geregelt.

Danach gilt die Belegausgabepflicht nur für elektronische Aufzeichnungssysteme, das heißt für elektronische oder computergestützte Kassensysteme und Registrierkassen. Weiterhin keine Pflicht ist hingegen, ein elektronisches oder computergestütztes Kassensystem oder eine Registrierkasse zu führen. Folglich können Einzelhändler sogenannte offene Ladenkassen weiterhin nutzen, ohne dass ein Kassenbon ausgestellt werden muss.

Dabei handelt es sich um Barkassen ohne technische Elemente, wie zum Beispiel Geldkassetten oder einfache Schubladen in der Ladentheke. Aber auch bei offenen Ladenkassen müssen Buchungen und sonst erforderliche Aufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet in einem Kassenbericht festgehalten werden. Hierauf sollten Einzelhändler ein besonderes Augenmerk legen, da offene Ladenkassen ihrer Art nach leicht dazu führen, dass Finanzämter später die Vollständigkeit der Einnahmen infrage stellen.

Kassenbon muss sofort ausgestellt werden

Der Einzelhändler muss im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Kauf eines Produkts einen Beleg über diesen Geschäftsvorgang ausstellen und dem Kunden zur Verfügung stellen – so verlangt es die Kassenbon-Pflicht.

Das bedeutet: Der Händler muss den Kassenbon unmittelbar nach dem Verkaufsvorgang ausstellen. In keinem Fall darf der Beleg erst dann ausgestellt werden, wenn der Kunde das Ladenlokal bereits verlassen hat. Vielmehr sollte er bereits mit der Übergabe der Ware oder etwaigem Wechselgeld ausgehändigt werden.

Bei Papierbelegen reicht es grundsätzlich aus, dass der Händler dem Kunden anbietet, den Kassenbon mitzunehmen. Der Kunde ist nicht verpflichtet, dies tatsächlich auch zu tun. Der Händler bleibt aber auch dann zum Ausdruck eines Kassenbons verpflichtet, wenn der Kunde ausdrücklich auf eine Aushändigung verzichtet hat. Eine Aufbewahrungspflicht des Einzelhändlers für nicht entgegengenommene Papierbelege besteht indes nicht.

Elektronische Belegausgabe als Alternative zum klassischen Papierbeleg

Alternativ zum Papierbeleg kann der Kassenbon dem Kunden – mit dessen Zustimmung – auch elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Die Zustimmung des Kunden ist nicht an eine bestimmte Form gebunden, sie kann auch mündlich erfolgen. Die elektronische Belegausgabe muss in einem standardisierten Datenformat, zum Beispiel als PDF oder JPG, erfolgen.

Das heißt: Der Kunde muss den elektronischen Kassenbon auf dem Endgerät mit einer kostenfreien Standardsoftware empfangen und abrufen können. Kassenbelege können also bereits jetzt – umweltschonend – per E-Mail oder SMS an den Kunden versendet werden. Insoweit hat der deutsche Gesetzgeber eine Form der Belegausgabe ermöglicht, die unter anderem im nordamerikanischen Raum bereits seit Jahren weit verbreitet ist.

Befreiung von Kassenbon-Pflicht in Härtefällen möglich

Die Finanzbehörden können Einzelhändler aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität von der Kassenbon-Pflicht befreien. Das kommt vor allem bei Händlern infrage, die Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkaufen, wie Bäcker- und Metzgereien oder Kioske.

Beachten Sie | Die Befreiung setzt einen Antrag des Einzelhändlers an das zuständige Finanzamt voraus. Dieser ist nicht an eine bestimmte Form gebunden.

Im Rahmen des Befreiungsantrags muss der Händler nachweisen, welche sachliche Härte eine Einhaltung der Belegausgabepflicht für ihn mit sich bringt.

  • Die mit dieser Pflicht entstehenden Mehrkosten stellen für sich allein übrigens keinen sachlichen Grund dar.
  • Führt die Einhaltung der Belegausgabepflicht jedoch zu Umsatzeinbußen, kann dies eine sachliche Härte begründen. Dies ist zum Beispiel denkbar, wenn durch das Ausdrucken und die Aushändigung des Belegs eine unverhältnismäßig lange Warteschlange entsteht, die Kunden dazu veranlasst, vom Kauf eines Produkts abzusehen.

Da eine Vielzahl von Einzelhändlern jedoch bereits moderne Aufzeichnungssysteme verwendet, wird dies wohl die Ausnahme sein. Händler müssen beachten, dass sie – auch im Falle einer Befreiung – dazu verpflichtet bleiben, denjenigen Kunden einen Beleg auszustellen, die dies wünschen.

Über den Befreiungsantrag entscheidet das zuständige Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei sind die vom Einzelhändler vorgetragenen Gründe ausreichend zu würdigen. Wird der Befreiungsantrag abgelehnt, kann der Händler Einspruch einlegen. Eine erteilte Befreiung kann jederzeit widerrufen werden, wenn diese missbraucht wird. Dies ist beispielsweise denkbar, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Einnahmen nicht lückenlos erfasst wurden.

Ob zukünftig weitere Befreiungstatbestände hinzukommen, bleibt abzuwarten. So hat etwa Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier jüngst vorgeschlagen, sämtliche Bargeschäfte des täglichen Lebens, die einen Wert von 10 EUR nicht übersteigen, von der Kassenbon-Pflicht auszunehmen.

Verstöße haben ernsthafte Konsequenzen

Verstöße gegen die Kassenbon-Pflicht sind zwar nicht bußgeldbewehrt, gleichwohl können sie im Einzelfall ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen.

Stellt die Finanzverwaltung zum Beispiel im Rahmen eines Testkaufs fest, dass der Belegausgabepflicht nicht entsprochen wird, kann sie dies als Indiz dafür werten, dass gegen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten verstoßen wurde beziehungsweise wird. Dies lässt beim prüfenden Finanzbeamten häufig den Verdacht aufkommen, dass die vom Einzelhändler getätigten Umsätze nicht oder nicht vollständig der Besteuerung unterworfen wurden. In der Praxis zieht dies nicht selten die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens sowie den Erlass entsprechender Steuerschätzbescheide nach sich. Die Kassenbon-Pflicht erweist sich also als scharfes Schwert der Finanzverwaltung.

Ausblick

Ab dem 1.10.2020 müssen elektronische oder computergestützte Kassensysteme und Registrierkassen zusätzlich mit einem speziellen Chip, einer sogenannten zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE), ausgestattet sein. Dies kann durch Umrüstung oder Neuanschaffung erfolgen. Der Sicherheitschip codiert jeden Buchungsvorgang unwiederbringlich, sodass nachträgliche Veränderungen von Kassenaufzeichnungen durch die Finanzämter zukünftig (noch) leichter entdeckt werden können.

Hinweis der Redaktion | Die Finanzämter in NRW haben bisher alle Anträge (Stand 2.3.2020) zur Befreiung von der Bonpflicht abgelehnt, so die Mitteilung der OFD Münster. Eine Befreiung sei aus Sicht der Finanzverwaltung nur möglich, wenn bspw. eine beschädigte Kasse vorläge, die die Ausgabe der Belege unmöglich macht. Die mit der Bonpflicht entstehenden Kosten oder die bloße Erschwerung des Betriebsablaufs stellen für sich allein keine sachliche Härte dar (Quelle WN vom 2.3.2020).