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Die Europäische Kommission ist in der letzten Zeit dazu übergegangen, die Anwendung von Vorschriften aus neuen Legislativakten des Rates durch umfangreiche Veröffentlichungen auf ihrer Homepage zu begleiten. In den Veröffentlichungen erläutert die Europäische Kommission, wie die neuen Vorschriften aus ihrer Sicht anzuwenden sind. Diese Erläuterungen werden mit unterschiedlichen Bezeichnungen veröffentlicht.

Rechtliche Einordnung durch die EU-Kommission

Die Europäische Kommission weist in den Veröffentlichungen jeweils selbst ausdrücklich darauf hin, dass diese nicht rechtsverbindlich sind. Die Kommission betrachtet diese vielmehr als Information dazu, wie die Rechtsvorschriften der EU nach Ansicht der Generaldirektion Steuern und Zollunion anzuwenden sind. Folglich seien weder die Europäische Kommission selbst noch die Mitgliedstaaten an den Inhalt der Veröffentlichungen gebunden.

Rechtliche Einordnung durch das BMF

Das BMF schließt sich der Auffassung der EU-Kommission an. In einer Stellungnahme heißt es:

„Veröffentlichungen der Europäischen Kommission zur praktischen Anwendung des EU-Rechts auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer haben keine rechtliche Bindungswirkung. Dies gilt sowohl für bereits vorliegende Veröffentlichungen als auch für künftige Veröffentlichungen der Europäischen Kommission. Maßgeblich für die Rechtsanwendung sind das Umsatzsteuergesetz, die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung sowie die Regelungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass und anderen Verwaltungsanweisungen.“

Praxistipp | Die Auffassung des BMF ist – mit Verlaub – „nur“ die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Es steht zu erwarten, dass die Gerichte das anders sehen werden, denn die Veröffentlichungen geben einerseits eine wichtige Rechtsauffassung wieder und sind bei der Interpretation der nämlichen Vorschriften zweifelsohne mit heranzuziehen. Zudem lässt sich aus den Veröffentlichungen – zumindest solange keine gegenteiligen Rechtsauffassungen der deutschen Finanzverwaltung oder -gerichte bekannt sind – ein gewisser Vertrauensschutz ableiten.

Inhalt der aktuellen Leitlinien

Mit den aktuellen Leitlinien erläutert die EU-Kommission

  • die Vorschriften, die am 1.1.2020 in Kraft getreten sind,
  • die Konsignationslagerregelung,
  • die Reihengeschäfte,
  • die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen von Gegenständen und
  • den Nachweis der Beförderung für die Zwecke dieser Befreiung.

Praxistipp | Derzeit umfassen die Leitlinien bereits 85 Seiten, sind allerdings ausschließlich in englischer Sprache verfügbar. Die EU-Kommission stellt auf ihrer Homepage in Aussicht, dass die Leitlinien ab März 2020 in allen Amtssprachen vorliegen werden.

Anmerkung

Neben den Leitlinien der EU-Kommission wartet die Praxis auch händeringend auf die Einführungsschreiben der deutschen Finanzverwaltung. So ist derzeit insbesondere weitgehend ungeklärt, welche Folgen sich aus Fehlern in der Zusammenfassenden Meldung ergeben. Gleiches gilt für die neue Nachweisvermutung in Hinblick auf das Gelangen der Ware in das EU-Ausland. Sobald die Verlautbarungen vorliegen, wird AStW Ihnen diese vorstellen und für Sie auswerten.

Fundstellen
* EU-Kommission, Explanatory Notes on the EU VAT changes in respect of call-off stock arrangements, chain transactions and the exemption for intra-Community supplies of goods („2020 Quick Fixes“),
BMF 17.12.14, Umgang mit Veröffentlichungen der Europäischen Kommission zur praktischen Anwendung des EU-Rechts auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, IV D 1 – S 7058/14/10004, 2014/1109561