Hessen setzt sich dafür ein, dass Kommunen mehr Zeit bekommen, um ihre Fragen zur neuen Umsatzsteuer zu klären. Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer erklärte dazu Folgendes: „Die Neuregelung in § 2b des Umsatzsteuergesetzes wirft viele Fragen in unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen auf. Deshalb befürwortet Hessen grundsätzlich die Verlängerung der Übergangsfrist bis zum 31.12.2022, damit den Kommunen die Aufarbeitung und rechtssichere Beurteilung der betroffenen Sachverhalte erleichtert wird“. Danach ist es der öffentlichen Hand und ihren Unternehmen also nicht zuzumuten, die seit Ende 2015 bekannte Neuregelung in § 2b UStG bis Anfang 2021 umzusetzen. |
Neuregelung bringt grundlegende Veränderungen
Schäfer erläuterte: „Die Neuregelung in § 2b UStG bringt für jede Kommune viele, oft grundlegende Veränderungen mit sich. Auch kleinere Verwaltungseinheiten können stark gefordert werden. Es muss allen Kommunen ermöglicht werden, den Umstellungsprozess mit der gebotenen Sorgfalt zu bewältigen. Deshalb unterstützt die Landesregierung grundsätzlich die Verlängerung der Übergangsfrist bis Ende 2022, sofern sich dies mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbaren lässt.“ Eine entsprechende Prüfung habe Hessen beim Bundesfinanzministerium angeregt, fügte der Minister hinzu.
Hintergrund
Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand wird neu geregelt. Vereinfacht ausgedrückt wird es darauf ankommen, welche Handlungsform ergriffen wird. Künftig wird die öffentliche Hand wie eine Unternehmerin behandelt, wenn sie in privatrechtlicher Form handelt, z. B. (zivilrechtliche) Verträge abschließt.
Sie gilt selbst dann als Unternehmerin, wenn sie sich öffentlich-rechtlicher Handlungsformen bedient (z. B. Gesetze, Gebührenordnungen, Verwaltungsakte, Bewilligungsbescheide), aber mit ihren Leistungen im Wettbewerb mit privaten Unternehmen steht.
Beispiel
Dies wäre dann der Fall, wenn eine Kommune in einem dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Parkhaus Stellplätze gegen Gebühr überlässt. Hier besteht eine Wettbewerbssituation, weil auch privatwirtschaftliche Unternehmer in den Markt eintreten können.
Im Ergebnis werden durch die Neuregelung des § 2b UStG mehr Leistungen der Gemeinden und Städte der Umsatzsteuer unterliegen. Da auch die Leistungen zwischen Kommunen (hoheitliche Beistandsleistungen) den allgemeinen Grundsätzen von § 2b UStG unterliegen, wird die interkommunale Zusammenarbeit in etlichen Bereichen auf neue Beine gestellt werden müssen.
Praxistipp | Bislang ist geplant, dass die Neuregelung bereits ab dem Jahr 2021 in Kraft treten soll. Auf Anregung Hessens prüft das Bundesfinanzministerium nunmehr, ob die Übergangsfrist um zwei weitere Jahre bis zum 1.1.2023 verlängert werden kann.
Anmerkung
Die Neuregelung wurde aufgrund europarechtlicher Vorgaben bereits mit dem Steueränderungsgesetz 2015 eingeführt und ist am 1.1.2016 in Kraft getreten. Eine flankierende Übergangsregelung in § 27 Abs. 22 UStG ermöglicht es den öffentlichen Unternehmen, die bisherige Rechtslage bis Ende 2020 fortzuführen. Für die nächsten fünf Jahre bliebe dann alles beim Alten. Dazu musste die betreffende Kommune, Organisation oder öffentliche Einrichtung lediglich bei ihrem Finanzamt eine entsprechende Optionserklärung abgeben.
Das hat offensichtlich dazu geführt, dass die öffentlichen Unternehmen die Umsetzung aus den Augen verloren und – aus welchen Gründen auch immer – vernachlässigt hat. Bei Privatunternehmen ließe der Staat das niemals durchgehen: Sie bekämen die ganze fiskalische Härte zu spüren. Öffentlichen Unternehmen wird das offensichtlich nicht zugemutet.
Fundstelle
PM Hessisches Finanzministerium, 11.9.19