Bereits entschieden hatte der BFH, dass auch Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und das Erststudium Werbungskosten oder Betriebsausgaben sein können, wenn dem bereits Berufsausbildung oder Studium vorausgegangen waren. Nunmehr werden auch die steuerliche Berücksichtigung eines klassischen Erststudiums im Anschluss an das Abitur und die erste Berufsausbildung nach dem Abschluss der Schule in die Berücksichtigung einbezogen. Beiden Fällen steht das seit 2004 geltende Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG nicht entgegen, wenn anlässlich von Erststudium und Erstausbildung beruflich veranlasste Kosten zugrunde liegen.
BFH 28.7.11, VI R 38/10, BFH 28.7.11, VI R 7/10; 18.6.09, VI R 14/07, BStBl II 10, 816; VI R 31/07, BFH/NV 09, 1797
BMF 22.9.10, IV C 4 – S 2227/07/10002 :002, BStBl I 10, 721
OFD Frankfurt 4.10.10, S 2332 A – 63 – St 211, StEK EStG § 9/930
§ 12 EStG regelt ausdrücklich, dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium bei den einzelnen Einkunftsarten und dann vom Gesamtbetrag der Einkünfte nicht abgezogen werden dürfen, soweit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nichts anderes bestimmt. Beim Sonderausgabenabzug greift aber der Grundsatz, dass Aufwendungen nur zu berücksichtigen sind, wenn nicht der vorrangige Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zur Anwendung kommt. Da Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Erststudium jedoch als vorab entstandene Kosten abziehbar sein können, wenn sie im konkreten Zusammenhang mit der späteren Erzielung von Gewinn- oder Überschusseinkünften im Rahmen der Berufstätigkeit stehen, greift § 10 EStG gar nicht mehr.
Als Folge daraus hat das lediglich klarstellende Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG damit eine ähnliche Funktion wie die Nr. 1, die privat veranlasste Kosten steuerlich unberücksichtigt lässt. Da aber beispielsweise schon der beruflich veranlasste Teil von gemischten Reise-, Pkw- oder Telefonkosten vom Abzugsverbot ausgenommen ist, regelt dies die Nr. 5 speziell für den Bereich der Aufwendungen für die Berufsausbildung.
Im Ergebnis bleiben danach nur allgemeine Bildungsaufwendungen nicht bei den Einkunftsarten abzugsfähig, die in keinem hinreichend konkreten Zusammenhang zur derzeitigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen. Nur in diesen Fällen kommt höchstens ein Abzug als Sonderausgaben in Betracht.
Steuer-Tipp:
Die aktuellen BFH-Urteile haben den großen Vorteil, dass die Aufwendungen nicht nur der Höhe nach begrenzt auf 4.000 EUR jährlich, sondern vollständig absetzbar sind. Zudem können sie – anders als bei den Sonderausgaben – nicht mehr verpuffen, wenn der Student oder Auszubildende mangels ausreichender Einkünfte keine Verrechnungsmöglichkeit hat. Nunmehr kann der die Verluste unbeschränkt über § 10d EStG auf Zeiten vortragen, in denen die angestrebte Berufstätigkeit aufgenommen wird.
Die Verwaltung hat bislang bereits die Rechtsprechung zu Berufsausbildung, Studium oder nichtakademische Ausbildung nach vorausgegangener erstmaligen Berufsausbildung oder dem Erststudium als eine weitere Ausbildungsmaßnahme anerkannt und zum Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zugelassen, wenn ein objektiv feststellbarer Zusammenhang mit späteren im Inland steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit besteht. Insoweit war die Rechtslage bis 2003 bereits weiter anzuwenden. Ob dies nun entsprechend erweitert wird, ist abzuwarten und würde die Neuregelung gleich ganz aufheben.
Steuer-Tipp:
Wurde das Studium oder die Ausbildung aber durch die Eltern finanziert, dürfen diese die Kosten für die Kinder nicht in ihrer Steuererklärung geltend machen. Die Aufwendungen sind dem Gesetz nach mit dem Kindergeld und den Freibeträgen für Kinder abgegolten.