Bei geringfügigen Beträgen besteht keine Pflicht zur Bildung eines aktiven RAP.
Sachverhalt
Der bilanzierende Steuerpflichtige betreibt einen Handwerksbetrieb. Nach einer Außenprüfung erhöhte das FA den Gewinn durch Ansatz von mehreren aktiven RAP um insgesamt 1.453 EUR. Die vom Steuerpflichtigen zuvor als Betriebsausgaben angesetzten Beträge betrafen Zahlungen u. a. für Telefonbucheintragungen und Kfz-Steuer.
Diese betrugen jeweils weniger als 410 EUR. Der Steuerpflichtige wendet sich gegen den Ansatz der aktiven RAP, da diese nach dem Grundsatz der Wesentlichkeit erst ab einem Betrag von jeweils 410 EUR zu bilden seien.
Entscheidungsgründe
Das FG gab der Klage statt und erkannte die streitigen Ausgaben ohne Bildung eines aktiven RAP als Betriebsausgaben an.
Zweck der Bildung von RAP
Nach § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG sind RAP auf der Aktivseite der Bilanz nur für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen. Dies dient dazu, Einnahmen und Ausgaben in dem Jahr auszuweisen, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind. Die Norm schreibt ein abschließendes Aktivierungsgebot vor, sodass insoweit kein Wahlrecht besteht.
Grundsatz der Wesentlichkeit und Vereinfachung
Der Grundsatz der Wesentlichkeit ermöglicht es nach der Rechtsprechung des BFH jedoch, unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht zu lassen.
Neben dem HGB (z. B. §§ 240 Abs. 3 und Abs. 4, 241, 256 HGB) verzichtet auch das EStG in bestimmten Fällen auf einen periodengerechten Ausweis.
So sind die Anschaffungskosten für GWG mit einem Wert bis zu 410 EUR (ab 2018: bis zu 800 EUR) sofort abzugsfähig.
§ 11 EStG verlangt keinen periodengerechten Ausweis von regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben, die kurze Zeit nach oder vor dem eigentlich maßgeblichen Wirtschaftsjahr zu- oder abfließen.
Auch der BFH verzichtet in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue Abgrenzung, da beim Ansatz von RAP auch die Grundsätze einer angemessenen Vereinfachung der Buchführung zu beachten sind, zumal wenn die Verteilung das Ergebnis nur unwesentlich berührt. Auch die Literatur bejaht ein Bilanzierungswahlrecht bei geringfügigen RAP.
Das FG hat die Revision zugelassen, da die Rechtsfrage, ob es dem Steuerpflichtigen erlaubt ist, in Fällen von geringer Bedeutung auf den Ansatz eines RAP zu verzichten, grundsätzliche Bedeutung hat und ihre Beantwortung aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtseinheitlichkeit im allgemeinen Interesse liegt. Zwischenzeitlich ist das Urteil jedoch rechtskräftig geworden, weil der BFH die Revision des beklagten FA mit Beschluss vom 11.9.18 (X R 14/18) als unzulässig verworfen hat.
Fazit | Das FG schließt sich der bisherigen Rechtsprechung des BFH und der Literaturansicht an, dass Ausgaben bis zur jeweiligen für GWG i. S. d. § 6 Abs. 2 EStG geltenden Grenze nicht aktiv abgegrenzt werden müssen, soweit diese den Zeitraum nach dem Bilanzstichtag betreffen.
Fundstelle
FG Baden-Württemberg 2.3.18, 5 K 548/17