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Die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei mehraktiger Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss keine Erstausbildung sein kann, entscheidet sich danach, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt.

Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind dann als Teil der Erstausbildung zu betrachten, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. So lautet das Urteil des FG Niedersachsen in einem aktuellen Fall.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte der Sohn der Antragstellerin im Januar 2014 die Prüfung zum Bankkaufmann erfolgreich abgelegt. Direkt im Anschluss wurde er als Sachbearbeiter in der Kreditabteilung der Bank in Vollzeit übernommen.

Im Juli – also sechs Monate später– meldete sich der Sohn bei der Frankfurt School of Finance & Management für die Teilnahme an der zweijährigen berufsbegleitenden „beruflichen Weiterbildung zum Bankfachwirt“ an. Während des Studiums arbeitete er weiterhin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden bei der Bank.

Zwei Jahre später legte er die universitäre Prüfung mit Erfolg ab. Im November 2016 folgte die staatliche Prüfung zur Anerkennung zum Bankfachwirt IHK. Die mündliche Prüfung erfolgte im Januar 2017.

Die Mutter beantragte für die Zeit des berufsbegleitenden Studiums erfolglos Kindergeld. Auch das FG wies die eingelegte Klage ab und entschied, dass mehraktige Ausbildungsmaßnahmen dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren sind, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das von den Eltern und dem Kind bestimmte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.

Ist aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat, kann auch eine weiterführende Ausbildung noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sein. Davon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) und im engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der zweite Ausbildungsabschnitt eine Berufstätigkeit voraussetzt und das Kind vor Beginn der zweiten Ausbildung eine entsprechende Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum Beginn der nächsten Ausbildung dient. Hier liegt dann regelmäßig mangels notwendigem engen Zusammenhangs keine einheitliche Erstausbildung mehr vor.

Im Streitfall lag daher keine einheitliche mehraktige Ausbildungsmaßnahme vor, denn Voraussetzung für den Abschluss zum geprüften Bankfachwirt ist u. a. eine absolvierte zweijährige Berufspraxis. Die erforderliche Berufstätigkeit lässt den engen Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten entfallen. Es liegt vielmehr eine die berufliche Erfahrung berücksichtigende Weiterbildung (Zweitausbildung) vor.

Fundstelle
FG Niedersachsen 15.3.18, 6 K 301/17; Rev. beim BFH unter III R 22/18