Das Finanzamt ist zum Erlass eines ergänzenden Haftungsbescheids berechtigt, wenn die Erhöhung der dem ersten Haftungsbescheid zugrunde liegenden Lohnsteuerschuld auf neuen, im Rahmen einer Außenprüfung festgestellten Tatsachen beruht. Dass die Schuld und damit der Haftungsanspruch im Zeitpunkt des Erlasses des ersten Bescheids bereits entstanden war, steht einer weiteren Inanspruchnahme nicht entgegen.
BFH 15.2.11, VII R 66/10, BFH 25.5.04, VII R 29/02, BStBl II 05, 3
Mit diesem Urteil entwickelt der BFH seine Rechtsprechung weiter. Bislang stand einem weiteren ergänzenden Haftungsbescheid ein erster entgegen, in dem der Haftungsbetrag zu niedrig festgesetzt worden ist, obwohl die Steuerschuld tatsächlich mit einem höheren Betrag entstanden ist.
Hierbei handelt es sich nicht um eine allgemeingültige Aussage dahingehend, dass dann stets eine spätere weitere Haftungsinanspruchnahme ausgeschlossen sein soll. Es kann nämlich Fallkonstellationen geben, in denen die Erhöhung der Steuerschuld auf neuen Tatsachen beruht, die das FA mangels Kenntnis im ersten Haftungsbescheid nicht berücksichtigen konnte. Daher hält der BFH einen ergänzenden Haftungsbescheid für zulässig, wenn nicht versteuerte Beträge erst durch die später durchgeführte Außenprüfung erstmalig festgestellt werden.
Der zweite Haftungsbescheid ist auch nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes nicht zu beanstanden, selbst wenn dem ersten kein ausdrücklicher Vorbehalt über die Festsetzung eines Teilbetrags zu entnehmen war. Da die Lohnsteueranmeldung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, muss der in Anspruch genommene Haftungsschuldner mit einer Erhöhung der Steuerschuld infolge einer Außenprüfung durch einen ergänzenden Nachforderungsbescheid rechnen.