Der Gesetzgeber hat den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ab VZ 2013 grundsätzlich abgeschafft. Lediglich dann, wenn es sich um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, liegt eine Ausnahme vor. Das FG München hat nun entschieden, dass ein solcher Fall auch bei Prozesskosten infolge eines Umgangsrechtsstreits betreffend das gemeinsame Kind vorliegen kann.
Sachverhalt
Das FG entschied, dass der Begriff „Existenzgrundlage“ in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG nicht allein die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen erfasst. Vielmehr kann dieser Begriff ebenso wie die Formulierung „lebensnotwendige Bedürfnisse“ in den Fällen, in denen der Kernbereich des menschlichen Lebens betroffen ist, auch die Gefahr des Verlustes psychischer oder ideeller Bedürfnisse erfassen.
Das FG hält es daher verfassungsrechtlich für geboten, Prozesskosten auch dann, wenn sie – unabhängig von der Betroffenheit der materiellen Existenzgrundlage – durch den grundgesetzlich geschützten Kernbereich des menschlichen Lebens veranlasst sind und zwangsläufig erwachsen, zum Abzug zuzulassen.
Im Streitfall standen der Drogenkonsum, eine extremistische Gesinnung sowie psychisch und physisch aggressives Verhalten des nicht sorgeberechtigten Vaters im Raum. Bislang hatte dieser keinen Kontakt zur inzwischen sechsjährigen Tochter. Er machte jedoch nunmehr ein Umgangsrecht mit ihr gerichtlich geltend. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wurde eine Stellungnahme eines Diplom-Psychologen zum persönlichen Umgangskontakt erstellt.
Danach wurde der Kontakt zwischen der Tochter und ihrem Vater nicht als mit dem Kindeswohl vereinbar angesehen. Nach Auffassung des Gerichts war die sorgeberechtigte Kindesmutter zum Schutz des Kindeswohls und damit zur Führung des Umgangsrechtsstreits verpflichtet. In diesem Fall dürfen die von ihr insoweit zu tragenden Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung in Abzug gebracht werden.
Fundstelle
FG München 7.5.18, 7 K 257/17