Bäckereien halten häufig für die Kunden auch Sitzgelegenheiten und Tische für den Verzehr an Ort und Stelle vor. Die Finanzverwaltung hat als einen neuen Prüfungsschwerpunkt, ob die Verzehrumsätze zutreffend dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen werden.
Beim FG Münster ist unter dem Az. 15 K 2553/16 U ein Verfahren anhängig, das den Verkauf von Backwaren und anderen Lebensmitteln zum Verzehr an Ort und Stelle von Bäckereifilialen mit und ohne eigene Sitzgelegenheiten betrifft.
Hierbei kann es sich sowohl um Fachgeschäfte (Bäckerei mit eigenem Café) als auch um Filialen im Vorkassenbereich von Supermärkten handeln.
Das Verfahren wird auf der Homepage des FG Münster unter der Kategorie „Verfahren von besonderem Interesse“ geführt. Dies hat dazu geführt, dass verschiedenen Finanzämtern Anträge und Einsprüche von Bäckereien vorliegen, die ihre Umsätze aus derartigen Verkäufen unter Berufung auf dieses anhängige Verfahren ebenfalls insgesamt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterwerfen möchten und bis zum Abschluss dieses Verfahrens das Ruhen ihres eigenen beantragen.
Die Finanzverwaltung gibt, bis auf Weiteres, die folgende Anweisung aus:
- Die Lieferung von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle unterliegt dem Regelsteuersatz von 19 %, wenn die vorhandenen Sitzgelegenheiten
- im Eigentum der Bäckerei stehen,
- angemietet wurden oder
- zumindest deren Mitnutzung ausdrücklich vereinbart wurde.
Können die vorhandenen Sitzgelegenheiten nicht der Bäckerei zugerechnet werden oder sind keine Sitzgelegenheiten vorhanden, liegt keine Lieferung von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle vor und der ermäßigte Umsatzsteuersatz ist anzuwenden.
Ruhen der Verfahren
Soweit in Einspruchsverfahren ein Steuerpflichtiger in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf das obengenannte Verfahren ein Ruhen des Verfahrens beantragt, kann dies gewährt werden (§ 363 Abs. 2 S. 1 AO).
Aussetzung der Vollziehung
Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren, da zurzeit keine berechtigten Zweifel an der aktuellen Verwaltungsauffassung bestehen.
Praxistipp | Der Prüfung von Bäckereifilialen misst die Finanzverwaltung derzeit besondere Bedeutung bei. Dies aus gutem Grunde, denn erhebliche Umsatzsteuerbeträge gehen dadurch verloren, dass der Verkauf der Backwaren standardmäßig – auch beim Verzehr an Ort und Stelle – dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen wird. Dabei ist den Angestellten eigentlich kein Vorwurf zu machen: Sie wissen es oft nicht besser und glauben mit der Frage „Zum hier essen?“ lediglich eine Statistik zu bedienen. Der Vorwurf richtet sich hier ganz klar gegen die Betriebsinhaber, die ihre Angestellten entsprechend aufklären und auch überwachen müssen. Die Arbeit der Finanzverwaltung zeigt bereits Wirkung: Erste Bäckereien haben bereits die Preise für den Verzehr im Hause erhöht.
Fundstelle
OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 3/2018 vom 26.4.18