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Das FG Sachsen zweifelt die Rechtmäßigkeit einer Umqualifizierung gewerblicher Verluste in nicht ausgleichbare negative Überschusseinkünfte i. S. v. § 22 EStG ernsthaft an. Die Umqualifizierung beruhte auf Zweifeln an der Einkünfteerzielungsabsicht aus der Vercharterung einer Motorjacht und der anschließenden Einstellung der Tätigkeit und Erklärung der Betriebsaufgabe.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige vermietete seit 2010 über einen Vercharterer eine Motorjacht. An wenigen Tagen der Vor- und Nachsaison nutzte er die Jacht auch privat. Die Verluste aus der Vercharterung berücksichtigte das FA bei der Einkommensteuerfestsetzung jeweils erklärungsgemäß als Verluste aus Gewerbebetrieb. Allerdings erfolgte der folgende Vermerk: „Die Festsetzung der Einkommensteuer ist vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, weil zurzeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann. Die Vorläufigkeit umfasst auch die damit zusammenhängenden nachrangigen Fragen der Höhe der Betriebseinnahmen und der abziehbaren Betriebsausgaben.“

Nachdem der Steuerpflichtige zum Ende 2015 die Betriebsaufgabe erklärte, gelangte das FA zu der Auffassung, dass es sich bei den Einkünften aus der Vercharterung einer Motorjacht nicht um gewerbliche Einkünfte im Sinne von § 15 EStG, sondern um sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 EStG handele. Gemäß § 22 Nr. 3 S. 3 EStG dürfen jedoch Werbungskosten, soweit sie die Einnahmen übersteigen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht ausgeglichen werden.

Daraufhin erließ das FA nach § 165 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für 2010 bis 2014. Die bisher vorläufig als Verluste aus Gewerbebetrieb anerkannten Beträge wurden nunmehr in gleicher Höhe als nicht ausgleichbare Werbungskostenüberschüsse aus sonstigen ­Einkünften berücksichtigt.

Dagegen ist der Steuerpflichtige der Auffassung, die Entscheidung, ob der Gewinn bzw. Verlust aus der Motorjachtvercharterung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sei, habe Vorrang gegenüber der Frage, ob der Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht unterhalten werde. Die Vorläufigkeitsvermerke hätten sich nur auf die Gewinnerzielungsabsicht und nicht auf die Einkünftequalifikation bezogen.

Entscheidung

Im Rahmen der summarischen Prüfung des Aussetzungsverfahrens gab das FG dem Steuerpflichtigen recht. Ohne dies im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes endgültig entscheiden zu müssen, neigt das FG dazu, die Frage der Zuordnung der Vercharterungsbetätigung des Antragstellers zu den Gewinneinkünften aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG) oder zu den Überschusseinkünften im Sinne von § 22 Nr. 3 S. 1 und 3 EStG (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) als vorrangig gegenüber der Frage des Vorliegens einer Einkünfteerzielungsabsicht anzusehen.

Für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ist die Beurteilung, ob eine Betätigung objektiv zur Erzielung positiver Einkünfte geeignet ist, als Hilfstatsache maßgeblich. Letztere aber hängt entscheidend davon ab, ob bei einer Totalgewinnprognose ggf. stille Reserven im Betriebsvermögen zu berücksichtigen sind oder ob bei Überschusseinkünften ohne Betriebsvermögen nur auf den Überschuss der laufenden Einnahmen über die laufenden Werbungskosten abzuheben ist.

Insbesondere wenn der Teilwert der streitbefangenen Motorjacht erheblich über den um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung verminderten Anschaffungskosten liegen sollte, kann das entscheidenden Einfluss auf die Totalgewinnprognose haben. Ungeachtet dessen genügte es im Streitfall festzustellen, dass jedenfalls die Zuordnung der Vercharterungsbetätigung des Steuerpflichtigen zu den Gewinneinkünften aus Gewerbebetrieb oder den Überschusseinkünften entgegen der Auffassung des FA nicht zweifelsfrei Nachrang gegenüber der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht hat.

Fundstelle
FG Sachsen 13.4.18, 8 V 311/18