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Beantragen einzeln veranlagte Ehegatten, dass Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG ihnen jeweils zur Hälfte zugerechnet werden, so sind zunächst die insgesamt angefallenen Aufwendungen zu addieren und den Ehegatten je zur Hälfte zuzuordnen. Dieser Betrag ist danach bei jedem Ehegatten nach Maßgabe einer für ihn individuell durchzuführenden Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung in Abzug zu bringen.

Sachverhalt

Streitig war, ob die Steuerpflichtige im Rahmen einer Einzelveranlagung von Ehegatten den hälftigen Abzug der ihr und ihrem Ehemann entstandenen beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben vor Durchführung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung beanspruchen kann.

Im Streitfall wurden die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben in Höhe von rund 3.000 EUR (500 EUR für den Ehemann zuzüglich 2.500 EUR für die Steuerpflichtige) berücksichtigt.

Hierbei wurden zunächst die Vorsorgeaufwendungen unter der Anwendung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung berücksichtigt, die die Steuerpflichtige und ihr Ehemann jeweils wirtschaftlich getragen hatten. Anschließend wurde die Summe berechnet, die sodann hälftig auf die Ehegatten aufgeteilt wurde.

Hiergegen richtete sich der Einspruch mit der Begründung, dass gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ein hälftiger Abzug der beschränkt abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen nach der Günstigerprüfung nicht entnommen werden könne. Vielmehr seien die Aufwendungen vor der Günstigerprüfung den Ehegatten hälftig zuzuteilen und die Günstigerprüfung habe erst im Anschluss an die Aufteilung zu erfolgen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren bekam die Steuerpflichtige im Klageverfahren recht.

§ 26a Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt, dass Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35 a EStG demjenigen Ehegatten zugerechnet werden, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Abweichend davon werden sie nach Satz 2 auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen. Das Wort „sie“ in Satz 2 der Vorschrift bezieht sich nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut grammatikalisch nur auf die in Satz 1 genannten Aufwendungen und nicht auf die Abzugsbeträge.

Die Verwendung des Worts „jeweils“ bezieht sich dagegen grammatikalisch auf die beiden Ehegatten (je zur Hälfte) und nicht auf ein zeitliches Moment (jedes Mal) oder auf mehrere Rechenvorgänge und kann daher nicht als Hinweis dafür herangezogen werden, dass der Gesetzgeber die Höchstbetragsberechnung bzw. die Günstigerprüfung vor der Halbierung berücksichtigt haben wollte.

Der Wortlaut des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ist nicht etwa deshalb unmaßgeblich, weil ihm ein redaktionelles Versehen zugrunde liegt. Ebenso wie bei der vorangegangenen Regelung liegen keinerlei Anhaltspunkte für ein gesetzgeberisches Versehen vor. Auch bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Letztlich spricht nach Auffassung des FG auch die historische Auslegung der Norm für das Ergebnis, dass die Höchstbetragsberechnung bzw. die Günstigerprüfung erst nach der Halbierung zu berücksichtigen ist.

Deshalb sind gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG die Aufwendungen zunächst unabhängig von der Frage, wer sie wirtschaftlich getragen hat, bei den Ehegatten jeweils hälftig zu berücksichtigen. Dem Prinzip der Individualbesteuerung wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass bei dem Sonderausgabenabzug die Höchstbetragsberechnungen und die Günstigerprüfungen für jeden Ehegatten gesondert vorgenommen werden.

Auch entspricht es dem Prinzip der Individualbesteuerung, bei außergewöhnlichen Belastungen die zumutbare Belastung bei der Einzelveranlagung von Eheleuten wie bei der Einzelveranlagung Alleinstehender und nicht wie bei der Zusammenveranlagung zu berechnen.

Im Ergebnis sind die Sonderausgaben bei der Ausübung des Wahlrechts des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG somit unabhängig davon, wer von den Eheleuten die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat, zunächst hälftig auf die Ehegatten aufzuteilen. Die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen erfolgen erst in einem zweiten Rechenschritt individuell bei jedem der Ehegatten.

Beachten Sie | Das FG hat die Revision zugelassen, da eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob nach der gesetzlichen Neuregelung des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG im Rahmen der Einzelveranlagung von Ehegatten ein hälftiger Abzug der den Eheleuten jeweils entstandenen beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben vor oder nach Durchführung der Höchstbetragsberechnung und der Günstigerprüfung vorzunehmen ist, bislang nicht vorliegt.

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Fundstelle
FG Baden-Württemberg 29.11.17, 2 K 1032/16, Rev. beim BFH unter III R 11/18