Beschäftigt ein Arbeitgeber Telefoninterviewer und geht dabei davon aus, dass diese freie Mitarbeiter sind, kann er trotzdem als Lohnsteuer-Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden.
Zwar ist die Abgrenzung zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit schwierig und oft nur anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale zu beurteilen. Das reicht nach Ansicht des BFH aber nicht aus, sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum zu berufen.
BFH 29.5.08, VI R 11/07, DStR 08, 1526, 18.8.05, VI R 32/03, BStBl II 06, 30
Im zugrunde liegenden Fall wurden rund 1.000 Telefoninterviewer beschäftigt. Das Honorar wurde brutto ausbezahlt. Die Lohnsteuer-Außenprüfung stufte die Tätigkeit als nichtselbstständig ein und forderte rund 350.000 EUR für nicht abgeführte Lohnsteuer nach.
Die Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers ist zulässig. Bei personalintensiven Unternehmen ist die Qualifizierung der Beschäftigten als Arbeitnehmer oder Selbstständige für die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung besonders wichtig.
Wer hier keine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG einholt, kann weder darauf vertrauen, dass die von ihm vertretene Rechtsansicht Bestand haben wird, noch sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen.
Auch wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird, kann nach § 42d Abs. 3 S. 3 EStG der Arbeitgeber in Anspruch genommen werden. Bei einer Vielzahl nachzufordernder Lohnsteuerbeträge kann es das Finanzamt für zweckmäßig erachten, den Arbeitgeber als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, statt die Steuer von den einzelnen Arbeitnehmern nachzufordern.