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Der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH ist im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führt.
BFH 11.11.15, V R 8/15

Sachverhalt

Kläger war ein Arbeitnehmer, der über eine von ihm zu gründende GmbH eine unternehmerische Tätigkeit aufnehmen wollte. Die GmbH sollte die Betriebsmittel einer anderen Firma im Rahmen eines Unternehmenskaufs erwerben.
Der Kläger wurde hierfür durch eine Unternehmensberatung für Existenzgründer und einen Rechtsanwalt beraten. GmbH-Gründung und Unternehmenskauf unterblieben. Der Kläger ging gleichwohl davon aus, dass er zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Das FA lehnte dies ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG der Klage statt.

Entscheidung

Der BFH hielt die Revision des Finanzamts für begründet. Das FG hat die EuGH-Rechtsprechung im Hinblick auf das Erfordernis einer Vermögensübertragung nicht zutreffend gewürdigt. Der BFH entwickelt 3 Fallgruppen:
Fallgruppe 1:
Zunächst stellt der BFH fest, dass der Kläger nicht aufgrund einer eigenen unternehmerischen Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Er beabsichtigte nicht, als Einzelunternehmer eine derartige Tätigkeit aufzunehmen.
Fallgruppe 2:
Sodann prüft der BFH, ob der Kläger aufgrund seiner Gesellschafterstellung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Gesellschafter nur dann Unternehmer, wenn er entgeltliche Leistungen im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt.
Danach sind der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen keine wirtschaftlichen Tätigkeiten, die den Gesellschafter zum Unternehmer machen, da der bloße Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen darstellt.
Anders ist es nur dann, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht und es sich hierbei um eine wirtschaftliche Tätigkeit gegen Entgelt handelt.
Hieran fehlt es im Streitfall. Nach den Feststellungen des FG beabsichtigte der Kläger nicht, gegenüber der zu gründenden GmbH entgeltliche Leistungen zu erbringen.
Fallgruppe 3:
Der Kläger ist schließlich auch nicht aufgrund eines Übertragungsvorgangs auf eine zu gründende Gesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH kann im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führen soll.
Dabei scheitert der Vorsteuerabzug nicht daran, dass die Gründung der GmbH entgegen der ursprünglichen Planung des Klägers als künftiger GmbH-Gesellschafter unterblieben ist.
Maßgeblich ist vielmehr, dass die vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen – anders als die Vermögensgegenstände in den EuGH-Urteilen „Faxworld“ und „Polski Trawertyn“ – auch im Fall einer tatsächlich gegründeten GmbH nicht auf die GmbH übertragbar waren.

Praxishinweis

Maßgebend für den Vorsteuerabzug in Fallgruppe 3 ist also, dass durch die vom Gesellschafter bezogenen Leistungen auf die Gesellschaft übertragbare Vermögenswerte („Investitionsgüter“) entstehen.
Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter Vermögensgegenstände erwirbt, um diese auf die Gesellschaft zu übertragen („Investitionsumsatz“). Daher kommt ein Vorsteuerabzug z. B. dann in Betracht, wenn der Gesellschafter ein Grundstück erwirbt und dieses dann in seine GmbH einlegt.
Demgegenüber waren die im Urteilsfall vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen nicht übertragungsfähig. Die Entscheidung der Vorinstanz ist deshalb zutreffend vom BFH aufgehoben worden. Die Klage war abzuweisen.

Anmerkung

Letztlich kommt es auch bei der Vorgründungsgesellschaft zu derartigen Investitionsumsätzen. Auch die Vorgründungsgesellschaft ist daher zum Vorsteuerabzug berechtigt:
Die Vorgründungsgesellschaft ist Unternehmerin, da sie die Veräußerung der von ihr erworbenen Vermögensgegenstände auf die noch zu gründende Aktiengesellschaft bewirkt.
Die Vorgründungsgesellschaft handelt für die Zwecke ihrer besteuerten Umsätze. Dazu reicht es aus, dass im Verhältnis zwischen Vorgründungsgesellschaft und Aktiengesellschaft eine Geschäftsveräußerung vorliegt, aufgrund derer es zu einer Rechtsnachfolge kommt. Die Vorgründungsgesellschaft als Übertragender kann die besteuerten Umsätze des Begünstigten der Übertragung, nämlich der Aktiengesellschaft, berücksichtigen.