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Das FG Niedersachsen hat dazu Stellung bezogen, ob ein Influencer Anschaffungskosten für hochwertige Kleidung und Mode-Accessoires als Betriebsausgaben geltend machen kann. Dabei geht es über den Einzelfall hinausreichend um die Frage, wann absetzbare Berufskleidung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG) und wann bürgerliche Kleidung vorliegt, deren Anschaffungskosten zum nicht berücksichtigungsfähigen Aufwand der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG zählen.

Ausgangsfall

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren 2014 bis 2018 als Influencerin bzw. Bloggerin einen Mode- und Lifestyleblog. In diesem Zusammenhang machte sie u. a. zu 60 % die Anschaffungskosten für hochpreisige Marken-Kleidung und Marken-Accessoires (insbesondere Handtaschen) geltend. Die teilweise betriebliche Veranlassung begründete sie damit, dass sie bei ihren Internetauftritten eine Vorbildfunktion habe und sie die zu bewerbenden Produkte eingebunden in ihren Alltag, d. h. in Szenen ihres Privatlebens, entsprechend präsentieren müsse. Eine anschließende private Weiterbenutzung dieser Gegenstände habe im Regelfall nicht stattgefunden. Gleichwohl räumte sie ein, selbst sehr modebewusst zu sein bzw. einen Hang zu teuren Mode-Accessoires zu haben. Die Kooperationsverträge mit ihren Auftraggebern legten zwar nicht speziell fest, wie sie sich zu kleiden und welche Accessoires sie zu benutzen habe, jedoch werde ein diesbezügliches Niveau und Ausstattung erwartet, damit die zu bewerbenden Gegenstände entsprechend präsentiert würden.

Das FA lehnte jegliche Berücksichtigung als Betriebsausgaben ab, vielmehr lägen Kosten der privaten Lebensführung i. S. v. § 12 Nr. 1 EStG vor, wobei eine Abgrenzbarkeit zwischen der betrieblichen und privaten Sphäre nicht möglich sei, zumal die Klägerin zugegeben hatte, dass sie ein erhebliches privates Interesse am Besitz von Luxusgütern habe. Insofern sei auch eine teilweise steuerliche Berücksichtigung im Schätzungswege nicht möglich. Auch liege hier bürgerliche Kleidung vor, sodass ein Betriebsausgabenabzug verwehrt wäre.

Entscheidung des FG Niedersachsen

Eine teilweise steuerliche Berücksichtigung von Betriebsausgaben erfordert, dass eine Abgrenzbarkeit zwischen den betrieblichen und privaten Veranlassungszusammenhängegen gegeben ist. Dies ist nicht der Fall, wenn diese beiden Veranlassungsbeiträge untrennbar ineinandergreifen. Dann kommt auch keine Schätzung eines betrieblichen Anteils in Betracht. Hierbei trifft für eine diesbezügliche Aufteilungsmöglichkeit den Steuerpflichtigen die Feststellungslast.

Bürgerliche Kleidung grundsätzlich keine Betriebsausgaben

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG sind Aufwendungen für bürgerliche Kleidung grundsätzlich keine Erwerbsaufwendungen, denn sie werden durch die Freistellung des Existenzminimums bereits berücksichtigt und gehören zu den unverzichtbaren Aufwendungen der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Dies gilt auch, wenn theoretisch etwa nach Zeitanteilen des Tragens eine Aufteilung in den privaten und betrieblichen bzw. beruflichen Veranlassungszusammenhang möglich wäre und die beruflich bzw. betriebliche Sphäre durch die Anschaffung gefördert wird.

Weiterhin greift dieses Abzugsverbot auch, wenn solche Kleidungsstücke ausschließlich bei der Berufsausübung getragen werden. Daher ist auch ein erhöhter beruflich veranlasster Verschleiß steuerlich grundsätzlich irrelevant. Dies gilt auch, wenn ohne berufliche bzw. betriebliche Gründe die Kleidung nicht angeschafft worden wäre bzw. eine Anordnung des Arbeitgebers bzw. Erwartungen der Kunden für die Anschaffung bestand.

Das für Kleidung Ausgeführte gilt in gleichem Maße für die Mode-Accessoires der Klägerin, da sie der bürgerlichen Kleidung zuzuordnen sind, denn sie ergänzen diese.

Ausnahme vom Abzugsverbot für typische Berufskleidung

Eine Ausnahme von diesem Abzugsverbot ergibt sich kraft gesetzlicher ausdrücklicher Anordnung lediglich für typische Berufskleidung als Arbeitsmittel, weil hier der berufliche bzw. betriebliche Bezug den privaten überlagernd in den Vordergrund tritt.

Dabei sind Arbeitsmittel alle Wirtschaftsgüter, die

  • ausschließlich oder nahezu ausschließlich und

  • unmittelbar

  • der Erledigung dienstlicher Aufgaben dienen.

Voraussetzung für eine steuerliche Berücksichtigung als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten ist aber auch hier, dass das eingangs geschilderte Kriterium der Abgrenzbarkeit gegeben und dass das berufliche bzw. betriebliche Veranlassungselement nicht gegenüber dem privaten zu vernachlässigen ist.

Einordnung der Kleidung und Mode-Accessoires der Klägerin

Unabhängig davon, ob bei der Tätigkeit als Influencer überhaupt eine typische Berufskleidung vorstellbar ist, handelt es sich bei der Kleidung und den Mode-Accessoires der Klägerin um Wirtschaftsgüter, die als bürgerliche Kleidung zu behandeln sind. Dabei ist es unerheblich, ob diese einem hochpreisigen Segment zuzuordnen sind (BFH 6.7.89, VI R 91-92/87, BStBl II 90, S. 49). Vielmehr ist ausschlaggebend, dass die Klägerin gerade bei ihren Internetauftritten das Ambiente des „normalen Lebens“ wählte, sodass sich die Kleidungsstücke und Mode-Accessoires nicht an einem typischen Berufsbild ausrichteten. Dabei handelte es sich bei diesen Wirtschaftsgütern auch um keine Sonderanfertigungen speziell für die Internetauftritte.

Somit liegt die Nutzung als bürgerliche Kleidung – objektiv – im Rahmen des Möglichen und Üblichen, sodass das Abzugsverbot greift.

Dies gilt unabhängig davon, ob theoretisch eine Aufteilung in beruflich und private Veranlassungsbeiträge möglich ist, diese Kleidung und Accessoires wie behauptet nur während der Internetauftritte benutzt wurden und eine gewisse Erwartung der Kunden der Klägerin für deren Anschaffung gegeben war. Dabei bezog das FG auch ein, dass die Klägerin privat sehr modebewusst war.

Fazit | Die Entscheidung des FG Niedersachsen liegt auf der Linie der aktuellen Rechtsprechung des BFH (vgl. insbesondere BFH 16.3.22, VIII R 33/18, BStBl II 22, S. 614), wonach die Geltendmachung von Kosten für typische Berufskleidung nur ausnahmsweise in Betracht kommt, da hier immer (mit) im Raum steht, dass es zur allgemeinen Lebensführung i. S. v. § 12 Nr. 1 EStG gehört, sich zu kleiden.

Es ist daher anzuraten, entsprechende Kleidung in einem Fachgeschäft für Berufskleidung zu erwerben, um dem FA gegenüber die besondere Beschaffenheit als Berufskleidung zu belegen. Man denke etwa an die Bekleidung für medizinisches Fachpersonal, denn andernfalls könnte man beispielsweise ggf. auch annehmen, dass es sich um weiße Kleidung für den Tennissport handelt (vgl. BFH 6.12.90, IV R 65/90, BStBl II 91, S. 348).

Eine Garantie für die Anerkennung als Berufskleidung ist hingegen auch der Erwerb im Fachgeschäft nicht, aber zumindest ein Indiz bei Belegung der beruflichen Veranlassung.

Interessant ist zudem, dass es dem Abzug auch entgegensteht, wenn eine Benutzung von Berufskleidung als normale bürgerliche Kleidung bei objektiver Betrachtung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie etwa bei der Ausgeh­uniform eines Soldaten zu verfahren ist. Hier könnte man auf den Gedanken kommen, dass das Ausgehen ja außerhalb des eigentlichen Dienstes stattfindet, sodass das Abzugsverbot greift. Aus Sicht des Autors muss hingegen als in den Vordergrund tretendes dienstliches Element begriffen werden, dass die Uniformierung hier dazu dient, die Bundeswehr als Teil der Gesellschaft i. S. d. Dienstherren sichtbar zu machen (Stichwort „Bürger in Uniform“). Daraus offenbart sich, dass es sich oftmals um eine Wertungsfrage handelt, ob typische Berufskleidung vorliegt.

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