Das häusliche Arbeitszimmer als auch das Homeoffice sind spätestens seit der Coronakrise nicht mehr wegzudenken. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 wurden für das häusliche Arbeitszimmer als auch für das Homeoffice neue Regelungen getroffen, die ab dem Veranlagungszeitraum 2023 gelten. Die Finanzverwaltung hat sich nun mit BMF-Schreiben vom 15.8.2023 dazu geäußert. Im Folgenden wird auf die steuerliche Beurteilung des häuslichen Arbeitszimmers unter Berücksichtigung der Verwaltungsanweisungen eingegangen.
Einführung
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung dürfen grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Satz 1 und § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG). Die Aufwendungen können aber abgezogen werden, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers hat sich durch die Neuregelung grundsätzlich nicht geändert. Unter einem häuslichen Arbeitszimmer versteht man weiterhin einen Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten dient.
Praxistipp
Weitere Voraussetzungen bzgl. des Begriffs „häusliches Arbeitszimmer“ vgl. Rn. 3 ff. des BMF-Schreibens vom 15.8.2023.
Die Aufwendungen sind aber nur dann abzugsfähig, wenn es sich um einen abgeschlossenen und von der restlichen Wohnung abgetrennten Raum handelt, der ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird (BFH 27.7.15, GrS 1/14). Eine untergeordnete private Mitbenutzung von maximal 10 % wird als unschädlich angesehen. Aus diesem Grund ist auch eine sog. Arbeitsecke nicht abzugsfähig (vgl. BFH 17.2.16, X R 32/11).
Beachten Sie | Die Regelungen gelten sowohl für Gewinn- als auch für Überschusseinkünfte.
Kein häusliches Arbeitszimmer
Nicht unter die Abzugsbeschränkung fallen Räume, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen (z. B. Betriebsräume, Lagerräume, Ausstellungsräume), selbst wenn diese ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und so in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind.
Rechtslage bis zum VZ 2022
Bisher konnten Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer nur absetzen, wenn
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das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (unbeschränkter Abzug). Die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten waren nachzuweisen;
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für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand (auf 1.250 EUR jährlich beschränkter Abzug). Auch hier waren die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten nachzuweisen.
Rechtslage ab dem VZ 2023
Im Zuge des JStG 2022 wurde der Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erheblich vereinfacht. Der Anwendungsbereich wurde jedoch eingeschränkt.
Häusliches Arbeitszimmer muss der Mittelpunkt sein
Das häusliche Arbeitszimmer kann steuerlich ab dem VZ 2023 nur noch dann geltend gemacht werden, wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Satz 2 EStG).
Beachten Sie | Das hat zur Folge, dass die Möglichkeit der bisherigen Abzugsbeschränkung von 1.250 EUR ersatzlos gestrichen wurde. Betroffen hiervon sind vor allem Lehrer, die regelmäßig ihren Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern in der Schule haben. Aber auch alle anderen Berufsgruppen, die bis zum VZ 2022 einen begrenzten Abzug bis 1.250 EUR hatten, können das häusliche Arbeitszimmer nicht mehr absetzen. Die Homeoffice-Pauschale ist der einzige Ausweg.
Beispiele |
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Beachten Sie | Übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist nicht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung abzustellen. Vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen (vgl. Rn. 15 des BMF-Schreibens).
Vereinfachung: Jahrespauschale anstelle der tatsächlichen Aufwendungen
Begrüßenswert ist die Einführung einer Jahrespauschale. Wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, kann anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Jahrespauschale von 1.260 EUR abgesetzt werden. Diese Pauschale ist personengebunden. Nutzen mehrere Personen (z. B. Ehegatten) gemeinsam ein Arbeitszimmer und stellt dieses bei beiden den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dar, so können beide Ehegatten jeweils die volle Pauschale geltend machen.
Beispiel |
Die Eheleute Anja und Bernd nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer, das für beide während des gesamten Kalenderjahrs den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Sie verzichten auf die Ermittlung der dafür angefallenen Aufwendungen und können jeweils die Jahrespauschale von 1.260 EUR als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. |
Neues Wahlrecht
Bei der Jahrespauschale handelt es sich um ein Wahlrecht. Alternativ können also weiterhin die tatsächlichen Kosten ermittelt werden (anteilige Miete, AfA, Schuldzinsen, Energiekosten, Grundsteuer etc.). Insoweit handelt es sich um eine begrüßenswerte Bürokratieentlastung. Für das optimale Steuerergebnis wäre folglich eine Günstigerprüfung durchzuführen. Der Betrag von 1.260 EUR ist ein Pauschbetrag, mit dem die Aufwendungen für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer abgegolten sind. Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass das Wahlrecht zum Abzug der Jahrespauschale anstelle der Aufwendungen nur einheitlich für das gesamte Wirtschafts- oder Kalenderjahr ausgeübt werden kann. Die Ausübung des Wahlrechts ist bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung möglich.
Merke | Keine Aufwendungen i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sind die Aufwendungen für Arbeitsmittel sowie betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen für Telefon und Internet. Diese werden daher von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auch dann nicht umfasst, wenn anstelle der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer die Jahrespauschale abgezogen wird. Damit sind Arbeitsmittel (z. B. Laptop, Schreibtisch, Schreibmaterial etc.) zusätzlich absetzbar.
Nutzung für unterschiedliche Einkunftsarten
Wird das häusliche Arbeitszimmer für unterschiedliche Einkunftsarten des Steuerpflichtigen genutzt (z. B. freiberufliche Tätigkeit i. S. d. § 18 EStG und Angestelltentätigkeit i. S. d. § 19 EStG), so sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer oder die wahlweise in Anspruch genommene Jahrespauschale entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen. Liegt dabei der Mittelpunkt einzelner Tätigkeiten außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers, ist der Abzug der anteiligen Aufwendungen oder der Jahrespauschale auch für diese Tätigkeiten zulässig. Begrüßenswert ist die Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung: Der Steuerpflichtige kann danach auf eine Aufteilung der Aufwendungen oder der Jahrespauschale auf die verschiedenen Tätigkeiten verzichten und diese insgesamt einer Tätigkeit zuordnen (vgl. Rn. 17).
Praxistipp
Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn der Steuerpflichtige auf eine Aufteilung der Aufwendungen oder der Jahrespauschale auf die verschiedenen Tätigkeiten verzichtet und diese insgesamt einer Tätigkeit zuordnet.
Beispiel |
Frank ist angestellter Informatiker und freiberuflicher Online-Dozent. Beide Tätigkeiten werden ausschließlich in seinem häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt. Laut BMF kann Frank die Jahrespauschale oder die tatsächlichen Aufwendungen einer Einkunftsart zuordnen (§ 19 oder § 18 EStG). |
Beachten Sie | Aufgrund des Arbeitnehmerpauschbetrags kann es steuerlich Sinn machen, die Jahrespauschale den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zuzurechnen. Es hängt jedoch – wie immer – vom jeweiligen Einzelfall ab (Günstigerprüfung).
Merke | Eine Vervielfachung der Jahrespauschale entsprechend der Anzahl der im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten ist ausgeschlossen. Es bleibt also insgesamt bei maximal 1.260 EUR.
Nutzung durch mehrere Steuerpflichtige
Nutzen mehrere Personen, wie z. B. Ehegatten, ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Satz 2 EStG bezogen auf die einzelne steuerpflichtige Person zu prüfen. Liegen diese Voraussetzungen jeweils vor, kann jeder das häusliche Arbeitszimmer Nutzende die Aufwendungen abziehen, die dieser getragen hat oder die ihm im Wege des abgekürzten Zahlungsweges zuzurechnen sind, weil ein Dritter die Schuld des Nutzenden erfüllt.
Beispiel |
Die freiberuflich tätigen Ingenieure André und Annika betreiben ihr Unternehmen ausschließlich in ihrem steuerlich anzuerkennenden gemeinsamen häuslichen Arbeitszimmer. Die anteilig auf den Raum entfallenden Gesamtkosten des Hauses belaufen sich jährlich auf etwa 1.500 EUR. Lösung: Bisher konnten André und Annika jeweils 750 EUR als Betriebsausgabe absetzen. Ab 2023 haben sie die Wahl. Sie können entweder wie bisher die anteiligen Aufwendungen absetzen oder sie entscheiden sich für die neue Jahrespauschale von jeweils 1.260 EUR (Summe: 2.520 EUR). |
Bei der Zahlung von einem gemeinsamen Konto sind die grundstücksorientierten Aufwendungen (z. B. AfA, Schuldzinsen) beim Nutzenden als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn sie von ihm geschuldet werden. Dasselbe gilt für Mietzahlungen für eine gemeinsam gemietete Wohnung unabhängig davon, ob es sich um Ehegatten, Lebenspartner oder nichteheliche Lebensgemeinschaften handelt. Die nutzungsorientierten Aufwendungen (z. B. für Energie, Wasser und Reinigung) sind in voller Höhe zu berücksichtigen, soweit sie auf die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers entfallen.
Beachten Sie | Ein in der Praxis unterschätztes Risiko kann sich (weiterhin) ergeben, wenn mehrere Steuerpflichtige das häusliche Arbeitszimmer gemeinsam nutzen. Auch hierzu hat das BMF nochmals Stellung bezogen.
Beispiel |
Die Eheleute Anja (selbstständige Dolmetscherin) und Bernd (Lehrer), wohnhaft in Bremen, nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer jeweils zu 50 % (zeitlicher Nutzungsanteil) in der von Bernd gemieteten Wohnung. Nur für Anja bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung. Die Gesamtaufwendungen betragen 3.000 EUR für die Miete und 1.000 EUR für die nutzungsorientierten Aufwendungen. Sie werden vom gemeinsamen Konto bezahlt. Lösung: Anja kann nur 500 EUR (die Hälfte der nutzungsorientierten Aufwendungen) oder die Jahrespauschale (1.260 EUR) als Betriebsausgaben abziehen. Bernd sind die Mietaufwendungen als grundstücksorientierte Aufwendungen zuzurechnen, da Bernd die Miete vertraglich schuldet. Für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit kann Bernd keine Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6c EStG kann Bernd die Tagespauschale von 6 EUR pro Tag als Werbungskosten abziehen. |
Beachten Sie | Anders sieht die Lösung aus, wenn die Miete von Anjas Konto beglichen wird. Weil Anja die Miete selbst trägt, sind auch die grundstücksorientierten Aufwendungen von 1.500 EUR, bezogen auf ihren Nutzungsanteil von 50 %, als Betriebsausgaben abziehbar.
Praxistipp
Aufgrund des neuen BMF-Schreibens ist davon auszugehen, dass die Sachbearbeiter in den Veranlagungsstellen künftig genauer auf diese Thematik achten könnten. Insoweit ist auf das richtige Bankkonto für die Bezahlung zu achten und die Mandanten in entsprechenden Fällen zu informieren.
Voraussetzungen nur zeitanteilig erfüllt?
In der Praxis stellt sich regelmäßig die Frage, wie damit umzugehen ist, wenn die o. g. Voraussetzungen nur zeitanteilig vorliegen (z. B. Aufnahme der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer oder erstmaliges Vorliegen der Voraussetzung des Typusbegriffs). Ändern sich die Nutzungsverhältnisse innerhalb eines Jahres, können nur die auf den Zeitraum entfallenden Aufwendungen abgezogen werden, in dem das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Beachten Sie | Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht vorliegen, ermäßigt sich die Jahrespauschale von 1.260 EUR um ein Zwölftel.
Praxistipp
Für den Zeitraum, in dem das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, kommt ggf. ein Abzug der Tagespauschale nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6c EStG in Betracht.
Beispiel |
Anja hat ab dem 15.5.2023 den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer. Die tatsächlichen Gesamtaufwendungen ermittelt Anja nicht. Lösung: Anja kann für acht Monate (Mai bis Dezember) die zeitanteilige Jahrespauschale abziehen, also 840 EUR (1.260 EUR × 8/12). Für den Zeitraum bis zum 30.4.2023 kann Anja die Tagespauschale i. H. v. 6 EUR abziehen, wenn die Abzugsvoraussetzungen dafür vorliegen. |
Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oder die Jahrespauschale können in Zeiten der Nichtbeschäftigung (z. B. Erwerbslosigkeit, Mutterschutz, Elternzeit) nach den Regeln zu vorweggenommenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit dem Steuerpflichtigen der Abzug der Aufwendungen oder der Jahrespauschale auch unter den zu erwartenden Umständen der späteren betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit zustehen würde.