Wird innerhalb des Beobachtungszeitraums der Strom einer Aufdachphotovoltaikanlage zu mehr als 10 % für das privat genutzte Wohnhaus verbraucht, liegt keine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung der PV-Anlage vor, sodass schon deshalb im Jahr vor der Anschaffung der PV-Anlage kein Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g EStG als Betriebsausgabe abgezogen werden kann.
Sachverhalt
Streitig war die einkommensmindernde Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags im Streitjahr für die im Folgejahr erfolgte Anschaffung einer PV-Anlage.
Entscheidung
Die Inanspruchnahme eines Abzugsbetrags nach § 7g EStG setzt u. a. eine ausschließliche, zumindest aber eine fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Wirtschaftsguts voraus. „Fast ausschließlich“ erfordert einen betrieblichen Nutzungsanteil von mindestens 90 %. Bei einem Eigenverbrauch für das privat genutzte Wohnhaus von mehr als 10 % liegt nach Auffassung des FG Hessen auch bei PV-Anlagen eine schädliche Privatnutzung vor.
Dies gilt allerdings nach Auffassung der Verwaltung und eines Teils des Schrifttums nicht im Fall des Eigenverbrauchs aus einer PV-Anlage. Insoweit liege keine schädliche außerbetriebliche Nutzung, sondern eine nach dieser Ansicht für Zwecke des § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich unschädliche Sachentnahme des produzierten Stroms vor (BMF 20.3.17, BStBl I 17, 423, Rn. 45; 15.6.22, BStBl I 22, 945 u. Abschn. 4.3 Abs. 4 Satz 2 EStR).
Das FG teilt diese Ansicht nicht. Vielmehr liege, so das FG, auch bei einer PV-Anlage, bei der mehr als 10 % des Stroms für eigene private Zwecke genutzt wird, eine für den Investitionsabzugsbetrag schädliche außerbetriebliche Nutzung vor.
Für eine schädliche Privatnutzung spricht nach Meinung des FG insbesondere, dass der Eigenverbrauch nicht stets gleichzeitig mit einer Lieferung in das Netz einhergeht. Solange – wenn auch zeitweise – die PV-Anlage weniger produziert als im Privathaushalt benötigt, wird in diesem Zeitraum kein Entgelt erzielt und die Anlage sowohl technisch als auch bei wirtschaftlicher Betrachtung regelmäßig, von Anfang an gewollt, ausschließlich für private Zwecke genutzt.
Zwar kann es auch Zeiträume geben, in denen die PV-Anlage mehr produziert als im Privathaushalt benötigt wird, sodass die Anlage gleichzeitig betrieblich genutzt wird. Dennoch lassen die Zeiten ausschließlichen Eigenverbrauchs des produzierten Stroms darauf schließen, dass die Annahme, Strom werde zunächst betrieblich produziert und erst im Anschluss – für Zwecke des § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG unschädlich – entnommen, bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht zutrifft. Vielmehr ist der Sachverhalt mit der zeitweisen privaten Nutzung eines Pkw oder sonstigen Betriebsvermögens vergleichbar, bei dem eine Privatnutzung von mehr als 10 % schädlich für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ist.
fundstelle
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FG Hessen 26.9.24, 4 K 202/23, Rev. zugelassen