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Gegen den Ansatz des Nutzungsvorteils aus einer unverzinslichen Darlehensforderung für Zwecke der Schenkungsteuer mit dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da der Nachweis eines niedrigeren Zinssatzes möglich ist.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige hatte von einem guten Freund ein zinsloses Darlehen von 110.000 EUR erhalten, das am 13.4.2017 ausgezahlt wurde. Da der Steuerpflichtige trotz Aufforderung keine Erklärung für die Schenkungsteuer abgegeben hatte, schätzte das FA den Zinsvorteil mit 56.265 EUR (110.000 EUR × 5,5 % x 9,3) nach § 162 AO und setzte die Schenkungsteuer auf 10.860 EUR fest.

Dagegen machte der Steuerpflichtige geltend, er sei als vermögensloser Student erwerbslos. Seine Großmutter habe für die Schulden gebürgt und sei infolge seiner Unfähigkeit, für die Schulden aufzukommen, zur Schuldnerin geworden. Außerdem sei bei der Bewertung des geldwerten Vorteils nach der Rechtsprechung des BFH und des BVerfG von einem niedrigeren Zinssatz als 5,5 % auszugehen, wenn der marktübliche Zinssatz für eine gleichartige Kapitalanlage darunter liege. Er legte eine Bestätigung der B-Bank vor, nach der ihm im November 2017 ein Kreditangebot über 110.000 EUR zu einem Nominalzinssatz von 1,30 % bei einer Zinsbindung von zehn Jahren gemacht worden sei. Dieser Zinssatz sei der Steuerfestsetzung zugrunde zu legen.

Entscheidungsgründe

Das FG gab dem Steuerpflichtigen nur insoweit Recht, als das FA den geldwerten Vorteil mit mehr als 55.000 EUR bewertet hatte.

Maßgebender Zinssatz für die Bewertung zinsloser Forderungen 5,5 %
Die zinslose Darlehensgewährung stellte im Streitfall i. . . Zinsvorteils eine freigebige Zuwendung i. . . § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar, die nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. . . §§ 13 Abs. 2 Halbs. 2, 15 Abs. 1 BewG zu bewerten war, und zwar unter Ansatz eines Zinssatzes von 5,5 %.

Ein anderer (niedrigerer) Zinssatz (§ 15 Abs. 1 BewG) stand nicht fest. Hierbei ist nicht der bei einer Geldanlage erzielbare marktübliche Zinssatz maßgebend, sondern der, der bei der Aufnahme eines Darlehens marktüblich ist. Der Steuerpflichtige hätte auf dem Kapitalmarkt keine vergleichbare Finanzierung zu einem niedrigeren Zinssatz erhalten können, zumal er bei Darlehensaufnahme Student und erwerbslos und ohne Vermögen war. Die Bürgenstellung der Großmutter wurde nicht bewiesen.

Der Nachweis niedrigerer Zinsen war auch nicht durch das Kreditangebot der B-Bank erbracht, da dieses freibleibend und ausdrücklich „vorbehaltlich der endgültigen Bewilligung nach abschließender Bonitäts- und Beleihungsprüfung“ erfolgte.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht

Der Anwendung des Zinssatzes von 5,5 % stehen auch keine verfassungsrechtlichen Zweifel entgegen.

Zwar hat das BVerfG die Vollverzinsung nach § 233a AO i. . . § 238 AO i. . . 6 % ab dem 1.1.2014 für verfassungswidrig erklärt und insoweit eine Neuregelung gefordert. Hinsichtlich der Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sind Verfahren beim BFH anhängig. Diese verfassungsrechtlichen Zweifel lassen sich nach Meinung des FG auf den hier maßgeblichen Zinssatz des § 15 Abs. 1 BewG nicht übertragen. Denn anders als bei der Verzinsung nach § 233a AO ist es bei § 15 Abs. 1 BewG nicht sachgerecht, einen Vergleich zu den potenziell vom Steuerpflichtigen am Kapitalmarkt erzielten Zinsen oder zu den potentiellen Refinanzierungskosten des Steuergläubigers herzustellen. Vielmehr ist zu fragen, welche Zinsen der Steuerpflichtige bei einer Darlehensaufnahme zu vergleichbaren Konditionen unter fremden Dritten hätte zahlen müssen. Hierbei kann auch ein niedrigerer Zinssatz als 5,5 % nachgewiesen werden, sodass schon deshalb eine Verfassungswidrigkeit dieses Zinssatzes nicht denkbar ist.

Dem Steuerpflichtigen ist im Streitfall ein solcher Nachweis nicht gelungen. Hinzu kommt, dass auch die Deutsche Bundesbank für Konsumentenkredite mit einer Laufzeit von über fünf Jahren in 2017 einen Effektivzinssatz von durchschnittlich 6,61 % ausgewiesen hat.

Unrichtige Begrenzung des Jahreswerts

Der Jahreswert des Nutzungsvorteils ist nach § 16 BewG zu begrenzen, indem der Wert des genutzten Wirtschaftsguts (hier des Darlehens von 110.000 EUR) durch 18,6 geteilt wird. Damit ergibt sich ein begrenzter Jahreswert von 5.914 EUR (110.000 EUR ÷ 18,6), der nach § 13 Abs. 2 BewG mit 9,3 zu multiplizieren ist, sodass sich ein Nutzungswert von 5.914 EUR × 9,3 = 55.000 EUR ergibt. Diese Begrenzung hatte das FA übersehen.

Die Revision hat das FG im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Zinssatzes von 5,5 % nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Fazit | er gesetzliche Zinssatz von 6 % wurde vom BVerfG nur im Hinblick auf die Zinsen bei der Vollverzinsung für verfassungswidrig erklärt. Die Entscheidung des BVerfG hinsichtlich der Säumniszuschläge steht noch aus. Dagegen ist der Zinssatz von 5,5 % bei der Bewertung zinsloser Forderungen auf jeden Fall maßgebend, da insoweit die Möglichkeit besteht, einen niedrigeren marktüblichen Zinssatz für aufgenommene Darlehen nachzuweisen. Insoweit bleibt allerdings letztlich eine eventuelle Revisionsentscheidung abzuwarten. Fraglich dürfte aber der Zinssatz von 5,5 % bei der Bewertung wiederkehrender (zeitlich begrenzter oder lebenslänglicher) Nutzungen und Leistungen sein, da hier das Gesetz nicht die Möglichkeit des Nachweises niedrigerer Zinsen vorsieht.

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FG Düsseldorf 26.1.22, 4 K 272/21, Rev. zugelassen