Der Zugang zum Kindergeld ist niederschwellig zu halten und von dem Kindergeldberechtigten ist nicht mehr zu fordern, als für die Einleitung und die ordnungsmäßige Durchführung des Verwaltungsverfahrens erforderlich ist, so das FG Köln in einer aktuellen Entscheidung.
Grundsatz
Gemäß § 67 Satz 1 EStG ist Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu beantragen. Weitergehende Anforderungen an den Antrag enthält das Gesetz nicht. Dabei ist die Verwendung der amtlichen Antragsformulare nicht zwingend erforderlich. Jedoch ist erforderlich, dass – als Mindestinhalt eines Kindergeldantrags – die Identität des Antragstellers feststellbar ist und zudem erkennbar ist, dass und für welches Kind der Antragsteller Kindergeld begehrt.
Es ist dabei aber nicht notwendig, dass der Berechtigte ausdrücklich einen „Antrag“ stellt. Es genügt, dass sich dies dem Text durch Auslegung entnehmen lässt. Denn ein Kindergeldantrag ist als außerprozessuale empfangsbedürftige Verfahrenserklärung entsprechend §§ 133, 157 BGB auszulegen, sofern er auslegungsbedürftig ist. Hiernach ist entscheidend, wie die Familienkasse als Erklärungsempfängerin einen Antrag nach seinem objektiven Erklärungswert verstehen musste. Dabei kann ggf. auch auf Umstände zurückgegriffen werden, die außerhalb der auszulegenden Erklärung liegen und einen Rückschluss auf den vom Antragsteller erklärten Willen erlauben.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Bürger diejenige Verfahrenserklärung abgeben will, die erforderlich ist, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen. Ist der Kindergeldantrag auslegungsbedürftig, sind zur Auslegung des Antrags auch die für den Antragsteller geführten Kindergeldakten heranzuziehen.
Entscheidung
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kam das FG im Streitfall zu dem Ergebnis, dass mit der im Streitfall vorliegenden Veränderungsmitteilung ein Kindergeldantrag vorlag. Denn die Veränderungsmitteilung erfüllt das Schriftformerfordernis des § 67 Satz 1 EStG und wurde auch bei der zuständigen Familienkasse eingereicht. Dabei war es auch unschädlich, dass die Anspruchsberechtigte nicht die vorgesehenen Antragsformulare verwendet hatte.
Die Veränderungsmitteilung war mangels eindeutigen Erklärungsgehalts auslegungsbedürftig. Die Veränderungsmitteilung ist zwar insoweit eindeutig, als dass mit ihr jedenfalls ein anderes Konto mitgeteilt werden sollte, auf das künftig das Kindergeld überwiesen werden soll. Überdies wurde jedoch als Kindergeldberechtigte die Anspruchsberechtigte angegeben. Da sie aber nicht ausdrücklich angab, für das Kind Z Kindergeld beantragen zu wollen, bestand Auslegungsbedarf, im Rahmen dessen das FG zu dem Ergebnis kam, dass die Anspruchsberechtigte die Festsetzung des Kindergelds mit sofortiger Wirkung zu ihren Gunsten begehrte.
fundstelle
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FG Köln 22.2.24, 5 K 256/22