Hinterlegt ein Kreditinstitut Wertpapiere in einem Eigendepot bei einem anderen Kreditinstitut und vereinnahmt die von diesem Kreditinstitut ausgezahlten Dividendenerträge, ist es nicht auszahlende Stelle i. S. v. § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 Buchst. a EStG und nicht zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Hintergrund
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Buchst. a EStG wird bei Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus Aktien, die gemäß § 5 des Depotgesetzes zur Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank zugelassen sind und dieser zur Sammelverwahrung im Inland anvertraut wurden, die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben. Schuldner der Kapitalertragsteuer ist in diesem Fall der Gläubiger der Kapitalerträge, während den Steuerabzug, die Stelle vorzunehmen hat, die die Kapitalerträge ausgezahlt hat (§ 44 Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG).
Die auszahlende Stelle ist im Fall des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG grundsätzlich das inländische Kredit-, Finanzdienstleistungs- oder Wertpapierinstitut, welches die Anteile verwahrt oder verwaltet und die Kapitalerträge auszahlt oder gutschreibt oder die Kapitalerträge gegen Aushändigung der Dividendenscheine auszahlt oder gutschreibt oder die Kapitalerträge an eine ausländische Stelle auszahlt.
Die auszahlenden Stellen haften für die Kapitalertragsteuer, die sie einzubehalten und abzuführen haben, es sei denn, sie weisen nach, dass sie die ihnen auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt haben.
Entscheidung
Im Streitfall war die Klägerin, eine Bausparkasse, nicht auszahlende Stelle und damit auch nicht zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Zwar kann Kreditinstitut i. S. v. § 44 EStG auch eine Bausparkasse sein. Die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen für die Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug, wonach das Kreditinstitut die Anteile verwahren oder verwalten und die Kapitalerträge auszahlen oder gutschreiben muss, waren im Streitfall jedoch nicht erfüllt. Vielmehr wurden die betreffenden Aktien durch die B-Bank als Depotbank verwahrt und verwaltet, die auch die Dividenden an die Klägerin ausgezahlt hatte. Auszahlende Stelle war demnach die B-Bank.
Im Streitfall waren die streitgegenständlichen Dividendenerträge von der B-Bank an die Klägerin – und nicht von der Klägerin selbst an einen Dritten – ausgezahlt worden. Vor diesem Hintergrund war für das FG nicht verständlich, wie das die Dividenden vereinnahmende Kreditinstitut bei der vorliegenden Fallkonstellation zugleich Auszahlender der Dividenden sein soll. Eine solche Identität von auszahlender Stelle und Dividendenempfänger ist nur dann denkbar, wenn ein Kreditinstitut eigene Aktien in einem bei ihm geführten Depot hält und sich selbst die Dividendenerträge auszahlt, nicht hingegen, wenn an dem betreffenden Verwahrverhältnis zwei verschiedene Kreditinstitute – wie im Streitfall die Klägerin und die B-Bank – beteiligt sind. Nur im Fall des Haltens eigener Aktien in einem bei ihnen selbst geführten Depot können dementsprechend Bausparkassen überhaupt als auszahlende Stellen in Betracht kommen.
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FG Rheinland-Pfalz 19.6.24, 1 K 1508/22