Kosten für einen Prozess zur Erlangung nachehelichen Unterhalts sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn die unterhaltsberechtigte Person eigene Einkünfte oberhalb des Existenzminimums erzielt.
Sachverhalt
Streitig war die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts als außergewöhnliche Belastung. FA und nachfolgend auch das FG lehnten den steuermindernden Abzug der Prozesskosten mangels Gefährdung der materiellen Existenzgrundlage ab.
Entscheidung
Bei den geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten handelte es sich nach Meinung des FG um Prozesskosten. Das FG entschied, dass die Steuerpflichtige ohne die gerichtliche Geltendmachung des nachehelichen Unterhalts nicht Gefahr lief, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Als Existenzgrundlage i. S. v. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist – so das FG – nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen. Hintergrund ist u. a., dass es verfassungsrechtlich lediglich geboten ist, das Existenzminimum zu verschonen, dessen Höhe sich nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Zu diesem einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimum gehören Prozesskosten grundsätzlich nicht.
Soweit Prozesse zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind, trägt dem § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG Rechnung, indem Prozesskosten ausnahmsweise zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugelassen werden, falls die Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre, würde er sich nicht auf einen Prozess einlassen.
Bei der Beurteilung der Existenzgefährdung ist das frei verfügbare Einkommen des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Da zur Bestimmung der Existenzgrundlage alle Einkunftsquellen und das gesamte Vermögen einzubeziehen sind, muss nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG auch die gesamte Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen bedroht sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gefährdung der Existenzgrundlage ist die gerichtliche Antragstellung als auslösendes Moment der Prozesskosten.
Im Streitfall gehörten zur Existenzgrundlage der Steuerpflichtigen ihre Arbeitskraft, zwei Mietobjekte sowie der von ihrem damaligen Ehemann gezahlte Unterhalt.
Die Steuerpflichtige verfügte im Streitfall über eine abgeschlossene Berufsausbildung und zusätzlich über ein abgeschlossenes Studium. Aufgrund dieser Qualifikationen war sie trotz der Unterbrechungen durch die Erziehung der Kinder in der Lage, eine adäquate Anstellung zu finden.
Vor dem Hintergrund, dass es der Steuerpflichtigen offensichtlich wegen ihrer hohen Qualifikation und ihrer Berufserfahrung gelungen war, nahtlos eine neue Arbeitsstelle zu finden, war es auch unerheblich, dass es sich hierbei zunächst um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelte. Im Übrigen sind Befristungen unter den Voraussetzungen von § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zulässig, im Berufsleben durchaus üblich. Sie münden – wie im Fall der Steuerpflichtigen – häufig in einer unbefristeten Anstellung.
Maßgeblich ist, dass die Steuerpflichtige ihre berufliche Qualifikation und ihre Berufserfahrung zur Erzielung von Einkünften nutzen konnte und auch tatsächlich genutzt hat. Neben ihrer Angestelltentätigkeit hatte sie zusätzlich Kapazitäten, ihre Arbeitskraft für die Erzielung selbstständiger Nebeneinkünfte als Programmiererin einzusetzen. Selbst wenn ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung beendet worden wäre und sie nicht nahtlos eine neue Stelle gefunden hätte, hätte sie die Möglichkeit gehabt, mit derartigen Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Auch die beiden Mietobjekte zählen im Streitfall zur Existenzgrundlage. Der Umstand, dass die Objekte der Sicherung der Altersversorgung der Steuerpflichtigen dienen sollten, spricht nicht gegen diese Beurteilung. Denn es handelt sich hierbei um eine Kapitalanlage. Die beiden Objekte waren aber bereits für die Absicherung der Altersversorgung der Steuerpflichtigen nicht erforderlich, da sie zum einen eigene Rentenansprüche aus verschiedenen Angestelltentätigkeiten erworben hatte und auch noch laufend erwirbt und zum anderen ein Versorgungsausgleich zugunsten der Steuerpflichtigen durchgeführt worden war.
Vor diesem Hintergrund war der Unterhalt des Ehemanns nicht notwendig, um die Existenzgrundlage der Steuerpflichtigen zu sichern, sodass auch die diesbezüglich angefallenen Prozesskosten unter das Abzugsverbot des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG fielen.
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