Die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung zur Abgeltung möglicherweise durch eine Umbau- und Sanierungsmaßnahme an einem Gebäude verletzter Urheberrechte eines Architekten führt bei dessem Erben, der die Vereinbarung getroffen hat und selbst kein Freiberufler ist, zu Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Sachverhalt
Im Streitfall war die Steuerpflichtige Erbin und damit Gesamtrechtsnachfolgerin (§ 1922 BGB) ihres 2009 verstorbenen Vaters. Dieser übte als Architekt einen freien Beruf aus und erzielte damit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
Mit dem Erbfall ging das Betriebsvermögen des Erblassers auf die Steuerpflichtige als Erbin über. Denn der Tod eines Freiberuflers führt weder zu einer Betriebsaufgabe noch geht das der Freiberuflichkeit dienende Betriebsvermögen durch den Erbfall in das Privatvermögen der Erben über. Das freiberufliche Betriebsvermögen des Erblassers wird zum Betriebsvermögen des Erben oder der Miterben.
Zu den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, die auf den oder die Erben übergehen, gehören auch aufgrund freiberuflicher Tätigkeit entstandene Urheberrechte. Dies gilt für die Verwertungsrechte (§ 15 ff. UrhG) und die Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12 bis 14 UrhG), die ebenfalls zum übergehenden Betriebsvermögen gehören.
Ist der Betrieb eines freiberuflichen Erblassers mit dessen Tod endgültig eingestellt, besteht in gleicher Weise wie im Fall der Betriebseinstellung durch den Erblasser ein Wahlrecht des bzw. der Erben zwischen einer begünstigten Betriebsaufgabe und einer nicht begünstigten allmählichen Betriebsabwicklung.
Der Erbe eines Freiberuflers, der dessen Tätigkeit mit dem ererbten Betriebsvermögen fortführt oder den Betrieb abwickelt, erzielt allerdings nur dann Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, wenn er selbst die persönliche Qualifikation als Freiberufler erfüllt. Andernfalls erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Entscheidung
Auch bei dem Erben, der (wie im Streitfall) selbst nicht die Voraussetzungen der Freiberuflichkeit erfüllt, sind aufgrund des geerbten Betriebsvermögens Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i. S. v. § 18 EStG anzusetzen, wenn die Voraussetzungen des § 24 Nr. 2 EStG erfüllt sind. Danach gehören zu den Einkünften i. S. v. § 2 Abs. 1 EStG Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG oder aus einem früheren Rechtsverhältnis i. S. v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 bis 7 EStG, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen.
Bei den Einkünften aus einer ehemaligen Tätigkeit i. S. v. § 24 Nr. 2 EStG ist hinsichtlich der Bestimmung der Einkunftsart auf die Verhältnisse des Rechtsvorgängers abzustellen. § 24 Nr. 2 EStG greift aber nur dann ein, wenn eine sogenannte gespaltene Tatbestandsverwirklichung vorliegt, in welcher der Einkünfteerzielungstatbestand teils durch den Rechtsvorgänger und teils durch den Rechtsnachfolger verwirklicht wird. Da im Streitfall die Steuerpflichtige selbst keine Architektin war, konnte sie deshalb mit dem geerbten Betriebsvermögen keine freiberuflichen Einkünfte erzielen.
Das unstreitig entstandene Urheberrecht des Erblassers an einem Theaterbau blieb somit Betriebsvermögen. Es war zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Entschädigungszahlung im Jahr 2018 noch nicht erloschen. Die Frist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers im Jahr 2009 (§ 64 UrhG) war noch nicht abgelaufen. Die streitgegenständliche Vereinbarung vom Mai 2018 wurde von der Steuerpflichtigen geschlossen. Die darin liegende Verwertung des Urheberrechts war somit allein ihr und nicht dem Erblasser zuzurechnen. Es lag daher keine gespaltene Tatbestandsverwirklichung i. S. v. § 24 Nr. 2 EStG vor.
Die Entschädigungszahlung stellte daher eine Einnahme dar, die zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählt. Denn Betriebseinnahmen können auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige als Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält, mit denen weder ein zuvor begründeter Rechtsanspruch erfüllt, noch eine in der Vergangenheit erbrachte Leistung vergütet werden soll.
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FG Hamburg 29.4.22, 6 K 81/21