Für eine wirtschaftliche Eingliederung müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Hieran fehlt es bei der Vermietung von ohne Weiteres austauschbaren Büroräumen.
Sachverhalt
Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Steuerpflichtigen, einer GmbH ist Z. Dieser schloss mit der Steuerpflichtigen einen Geschäftsführervertrag, nach dem er mit einem festen Monatsgehalt und unter Zusage eines Urlaubsanspruchs von 30 Tagen sowie mit Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall vergütet wurde.
Gegenstand des Unternehmens der Steuerpflichtigen war insbesondere die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung der A-KG (KG), deren einzige Komplementärin die Steuerpflichtige war. Die Steuerpflichtige war nicht am Gesellschaftsvermögen der KG beteiligt und sie nahm auch nicht am Gewinn und Verlust der KG teil. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungsmaklertätigkeit.
Für die Geschäftsführung zahlte die KG im Streitjahr 2013 an die Steuerpflichtige 24.000 EUR. Geschäftsanschrift der Steuerpflichtigen und der KG waren seit Anfang 2013 identisch. Die Geschäftsräume mit einer Größe von 123 qm vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG für eine Monatsmiete von 1.070 EUR. Der Mietgegenstand gehörte den Ehegatten je zur Hälfte.
Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass die Steuerpflichtige steuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen an die KG erbracht habe und erließ für das Streitjahr 2013 einen erstmaligen Umsatzsteuerjahresbescheid.
Das Finanzgericht gab der Klage nur in geringem Umfang statt. Insbesondere habe es sich nicht um nichtsteuerbare Innenumsätze im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft gehandelt. Die Steuerpflichtige und die KG seien nicht Teil einer Organschaft gewesen.
Entscheidung
Die Revision der Steuerpflichtigen ist nach Auffassung des BFH unbegründet. Das Finanzgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass keine die Steuerpflichtigen, die KG und Z umfassende Organschaft vorliegt und die Leistungen der Steuerpflichtigen an die KG daher steuerbar und steuerpflichtig sind.
Es besteht keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Steuerpflichtigen in Z als Organträger:
* Diese wird zunächst nicht durch die Geschäftsführertätigkeit des Z bei der Steuerpflichtigen begründet, da Z insoweit nichtselbstständig und damit nicht als Unternehmer tätig war.
* Auch die Vermietung der Büroräume begründet keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung, da Z an die KG, nicht aber an die Steuerpflichtigen vermietet hat.
Es liegt auch keine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Steuerpflichtigen in das Unternehmen des Z aufgrund einer Verflechtung mit dem Unternehmensbereich der KG vor. Zwar muss die wirtschaftliche Eingliederung nicht aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern kann auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen. Dies setzt indes voraus, dass die KG in das Unternehmen des Z eingegliedert ist, was im Streitfall im Hinblick auf das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung zu verneinen ist.
Bei einer deutlichen Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung – wie im Streitfall – ist es zwar im Grundsatz unschädlich, wenn die wirtschaftliche Eingliederung weniger deutlich zutage tritt. Gleichwohl muss auch für die wirtschaftliche Eingliederung ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen vorhanden sein. Die Tätigkeiten in diesen Bereichen müssen zumindest aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen.
Dabei braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Dies trifft demgegenüber auf die im Streitfall vorliegende Vermietung von nicht eigens für die Unternehmenstätigkeit in besonderer Weise ausgestatteten und daher ohne Weiteres austauschbaren Büroräumen nicht zu, da ihr eine nur geringe Bedeutung zukommt. Dies genügt ebenso wie die bloße Übernahme von Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Buchführung und laufende Personalverwaltung nicht.
Praxistipp
Für die Annahme eines vernünftigen wirtschaftlichen Zusammenhangs müssen „mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen.“ Das Tatbestandsmerkmal ist damit wertausfüllungsbedürftig und birgt die hinlänglich bekannten Unsicherheiten/Gefahren einer abweichenden Beurteilung durch die Finanzbehörden und -gerichte. Frühere Urteile des BFH hierzu zeigen die Richtung: Die Vermietung eines Betriebsgrundstücks mit einer Größe von 2.982 qm, dem für die Unternehmenstätigkeit „besonderes Gewicht“ zukommt oder einer Halle mit 967 qm und einem Bürotrakt bestehend aus sieben Räumen mit 273 qm reichen hierfür aus. Das Besprechungsurteil lässt erkennen, dass aber auch kleinere Immobilien ausreichen, wenn diese eigens für die Unternehmenstätigkeit in besonderer Weise ausgestattet und daher nicht ohne Weiteres austauschbar sind.
Anmerkung
Der BFH hat im Besprechungsurteil auch darauf verwiesen, dass nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG im Verhältnis zwischen zwei Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden kann, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist. Ohne Einbeziehung des gemeinsamen Gesellschafters besteht daher keine Organschaft zwischen den beiden Schwestergesellschaften. Der BFH hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.
fundstelle
BFH 1.2.22, V R 23/21