Eine als gewerblich zu qualifizierende Tätigkeit kann auch bei langjähriger Nutzungsüberlassung von Domains und Markenrechten gegeben sein, wenn daneben weitere Leistungen zur sicheren und effektiven Nutzung erbracht werden. Die Umstände des Einzelfalls sind maßgeblich.
Sachverhalt
Streitig war, ob die Einkünfte der Steuerpflichtigen aus der Überlassung von Internet-Domain-Namen und Markenrechten im Jahr 2016 (Streitjahr) als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind.
Entscheidung
Das FG kam zu dem Ergebnis, dass eine gewerbliche Betätigung vorlag und wies die Klage ab. Die Steuerpflichtige hatte bei der Überlassung der Domains und des zugehörigen Logos sowie der Markenrechte selbstständig gehandelt und war auch nachhaltig tätig, sowohl im Hinblick auf das „Ausdenken“ der Domain-Namen, die Erstellung des Logos und die Registrierung von Domains und Markenrechten als auch hinsichtlich deren Überlassung an Dritte.
Ungeachtet dessen, dass sie nur für zwei Vertragspartner tätig wurde, nahm sie am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil. Denn die Eigenschaft als Marktteilnehmer wird nicht infrage gestellt, wenn die Leistungen an einen einzigen Abnehmer erbracht werden. Vielmehr sind die Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG in dem Sinne typusbezogen auszulegen, dass – unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG – alle nachhaltigen und selbstständigen Tätigkeiten von Produzenten, Händlern oder Dienstleistenden steuerlich erfasst werden.
Letztlich hatte die Steuerpflichtige mit ihrer Betätigung auch den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten. Denn ihre Tätigkeit entspricht dem Bild, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht. Sie ist nach Auffassung des FG diejenige eines „Produzenten und gewerblichen Dienstleisters“, der passgenaue Produkte, abgestimmt auf bestimmte Marktteilnehmer kreiert und zur Nutzung weitergibt und damit im Sinne der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze die eigene Arbeitsleistung „zu marktfähigen Güter- und Dienstleistungsangeboten bündelt“ und sie auf eigenes Risiko am Markt absetzt.
Zwar stellen die Domains und Markenrechte Wirtschaftsgüter dar, deren entgeltliche Überlassung an Dritte allein den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten hätte. Die Tätigkeit der Steuerpflichtigen war jedoch nicht auf die bloße Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten beschränkt. Denn es gehörte zum Gesamtkonzept der Steuerpflichtigen, sich nicht nur Domain-Namen auszudenken, diese Domains registrieren zu lassen und Markenrechte zu sichern und zu überlassen. Vielmehr trat hinzu, dass sie mit der Registrierung von Domains mit alternativen bzw. unzutreffenden Schreibweisen und deren Umleitung auf die überlassenen eine geschützte und effektive Nutzung der überlassenen Domains und Markenrechte durch die Abnehmer sicherstellte.
Das FG sah in den zusätzlich zur Nutzungsüberlassung erbrachten Leistungen nicht lediglich Nebenleistungen, sondern mit der Nutzungsüberlassung verknüpfte wesentliche Elemente, die der Leistung insgesamt ein eigenes Gepräge geben.
Es kommt – so das FG – auf eine Erheblichkeit des Aufwands bzw. die Üblichkeit einer Leistung nicht an, wenn, wie im Fall der Steuerpflichtigen, die Zusatz-Leistungen der Leistung insgesamt einen mit dem Bild einer nicht gewerblichen Verpachtungstätigkeit unvereinbaren Charakter verleihen und zudem wesentlich zum Erfolg, nämlich dem Erwirtschaften eines möglichst hohen Gewinns beitragen.
Hierbei ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung auch zu berücksichtigen, dass Domains und Markenrechte, bevor sie gehandelt werden können, zunächst durch Registereintragung selbst geschaffen werden müssen und die Steuerpflichtige durch die Schaffung der Rechte in Abgrenzung zum bloßen Ankauf eines bereits existierenden Rechts daher zunächst „produzentenähnlich“ tätig war.
Das FG qualifizierte die Tätigkeit der Steuerpflichtigen auch deshalb als gewerblich, weil die Überlassung der Domains teilweise unentgeltlich vereinbart wurde und bis zum Verkauf auch unentgeltlich erfolgte. Diese Vereinbarung wertete das FG als Beleg dafür, dass es der Steuerpflichtigen – anders als dies bei einem Verpachtungsunternehmer zu erwarten wäre – nicht allein auf eine Fruchtziehung ankam. Denn das Risiko des Erwirtschaftens von Gewinn mit den zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgütern liegt im Fall eines auf reine Nutzungsüberlassung gerichteten Vertrages – ungeachtet der Unschädlichkeit der Vereinbarung von umsatzabhängigen Vergütungen – aufseiten desjenigen, an den die Wirtschaftsgüter überlassen werden. Insoweit liegt kein Verpachtungsgeschäft, sondern ein Investment der Steuerpflichtigen vor.
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FG Rheinland-Pfalz 23.5.23, 3 K 2108/18