Bezieht ein Steuerpflichtiger für eine Tätigkeit in einem Drittstaat steuerfreien Arbeitslohn, sind hiermit im Zusammenhang stehende Beiträge zur gesetzlichen Renten- sowie Arbeitslosenversicherung nicht als Sonderausgaben abziehbar. Das Verfassungsrecht verpflichtet den Gesetzgeber auch dann nicht, hiervon eine Ausnahme zu machen, wenn im Tätigkeitsstaat keine steuerliche Entlastung für die Aufwendungen gewährt wird.
Hintergrund
§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG schließt den Abzug der dort genannten, im Streitfall maßgebenden Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben aus, wenn diese in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Durch diese Regelung soll ein anderenfalls eintretender doppelter steuerlicher Vorteil vermieden werden.
Entscheidung
Dieses Abzugsverbot kam im Streitfall zur Anwendung, denn der Steuerpflichtige bezog Arbeitslohn für eine Tätigkeit, die er teils im Inland und überwiegend in China ausübte.
Der auf die Betätigung in China entfallende Anteil des Arbeitslohns war nur dort zu besteuern (Art. 15 Abs. 1 DBA China) und wurde im Inland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt (Art. 23 Abs. 2 Buchst. a und d DBA China i. V. m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
Der auf die Auslandstätigkeit entfallende Arbeitslohn wurde nach § 4 Abs. 1 SGB IV i. V. m. Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über Sozialversicherung vom 12.7.2001 (BGBl II 02, 82) in die Beitragsbemessung für die inländische Renten- sowie Arbeitslosenversicherung einbezogen, sodass ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Beiträge mit steuerfreien Einnahmen bestand.
Der BFH entschied, dass die Geltung des Abzugsverbots nicht dadurch infrage gestellt wird, dass die künftigen Leistungen aus der Rentenversicherung als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG im Inland steuerpflichtig sind. Im Hinblick auf das in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG geregelte Erfordernis eines „unmittelbaren“ wirtschaftlichen Zusammenhangs müssen die steuerfreien Einnahmen und die Vorsorgeaufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sein. Abzustellen ist somit allein auf die Einnahmen, aus denen die Vorsorgeaufwendungen stammen. Aus demselben Grund ist es unerheblich, dass einer etwaigen künftigen Zahlung von Arbeitslosengeld wegen des Progressionsvorbehalts gemäß § 32b EStG steuersatzerhöhende Wirkung zukäme.
Die Ausnahme vom Sonderausgabenabzugsverbot gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG kam im Streitfall nicht zur Anwendung, da es bereits an den territorialen Voraussetzungen der Norm fehlte. Denn der Steuerpflichtige übte seine nichtselbstständige Tätigkeit weder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) noch in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bzw. in der Schweizerischen Eidgenossenschaft aus.
Das FG hatte zwar nicht festgestellt, ob die streitigen Vorsorgeaufwendungen bei der Besteuerung des Steuerpflichtigen in China tatsächlich steuermindernd berücksichtigt wurden oder zumindest hätten berücksichtigt werden können. Eine solche Feststellung war allerdings entbehrlich. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, so der BFH, bestünde weder für die Beiträge zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit noch für diejenigen zur gesetzlichen Rentenversicherung von Verfassungswegen Anspruch darauf, einen vollständigen Sonderausgabenabzug zuzulassen.
fundstelle
BFH 14.12.22, X R 25/21